Sie ist da, sie lauert heimtückisch auf dich in deiner Lieblingsroute, da wo du dich sicher fühlst. Die Bedrohung schlägt am helllichten Tag zu, ist nicht sichtbar und nicht vorhersagbar. Diejenigen, die es am eigenen Leib erfahren haben, sind sprachlos. Eine komplexe wissenschaftliche Erklärung kann die Gefahr erklären. Aber wer kann sie stoppen? Ist dies das Szenario eines Horrorfilms? Nein, dieser Film spielt sich im Moment in vielen beliebten Klettergebieten weltweit ab. Und die Bedrohung? Es ist die Spannungsrisskorrosion.
Die jüngsten Zwischenfälle beruhen auf dem unerwarteten Brechen von Bohrhaken unter geringfügiger Belastung, die oft erst vor wenigen Monaten / Jahren installiert wurden. Diese Brüche betreffen vor allem Haken aus Edelstahl und werden durch umweltbedingte Zerstörung, hauptsächlich Korrosion und insbesondere Spannungsrisskorrosion (SpRK), verursacht.
Die Spannungsrisskorrosion (SpRK) ist die bestätigte Ursache für das Brechen einer beachtlichen Anzahl von Haken in gesicherten Kletterrouten und wird in vielen Fällen auch vermutet (siehe Tabelle 1). Durch SpRK verursachte Brüche treten bereits wenige Monate oder Jahre nach der Installation der Haken unter geringen Belastungen wie dem Gewicht eines einzelnen Kletterers auf. Die betroffenen Haken sind aus Edelstahl (eingeschlossen die Legierung 316L, 1.4404).
Für den Kletterer ist es sehr schwierig die Gefahr der SpRK einzuschätzen, da die Beschädigung nicht sichtbar ist. Auch ihr Vorhandensein ist nicht leicht abschätzbar, da das Auftreten von SpRK von mehreren Faktoren abhängt. Ausschlaggebende Faktoren sind ein hoher Säuregehalt und hohe Temperaturen, eine geringe Luftfeuchtigkeit und ein trockener, nicht dem Regenwasser ausgesetzter Felsen und Gestein mit hohem Magnesiumgehalt (siehe Tabelle 2). Geringfügige Unterschiede im Mikroklima können eine SpRK an bestimmten Haken verursachen, während andere Haken in der gleichen Kletterroute oder im gleichen Fels nicht betroffen sind. SpRK tritt vor allem an Haken in Meeresnähe auf, aber auch Haken im Landesinneren können betroffen sein, wenn eine korrosionsfördernde Umwelt vorhanden ist. Diese kann entweder vom Gestein selbst bestimmt sein oder durch vom Meer her wehende Winde. Dieser Artikel möchte Lösungsmöglichkeiten für Kletterer, Kletterroutenbauer, alpine Vereine, Hersteller und die UIAA im Hinblick auf die Problematik der SpRK an Haken bieten.
Nur zerstörende Materialprüfungen können das Vorhandensein von SpRK an Kletterhaken bestätigen oder widerlegen. Es ist unmöglich mit bloßem Auge oder einfachen Tests (zum Beispiel daran ziehen) die Korrosionsresistenz der installierten Haken zu überprüfen. Selbst Haken, die erst vor kurzem installiert wurden oder noch ganz neu aussehen, können durch SpRK oder anderen Formen der Korrosion geschwächt sein. Tests, die von Petzl Frankreich an allen Kletterhaken in einer Felsenwand ausgeführt wurden, haben ergeben, dass 20% der Haken nur eine Belastbarkeit zwischen 1N und 5N aufwiesen und somit noch nicht einmal das Gewicht eines Kletterers hätten halten können geschweige denn einen Sturz abfangen. Diese Tatsache führt zu Unfällen wie dem, der kürzlich in Sizilien passiert ist: Beim Abseilen eines Kletterer (65 kg) zerbrach der untere Bohrhaken am Stand. Zum Glück hielt die Schlinge, welche diesen mit dem zweiten Haken verband und den drei Kletterern passierte nichts.
... bei der Routenplanung
... beim Klettern
.... beim Brechen eines Hakens (sobald alle Kletterer in Sicherheit sind)
Die Sicherheitskommission der UIAA fordert die Nationalen und Regionalen Kletterverbände auf in zukünftige Planungen das Korrosionsmanagement der Haken mit einzubeziehen.