Zu diesem brisanten und aktuellen Thema drehten Jugendliche mit den Vorarlberger Naturfreunden einen Kurzfilm zum Thema "Plastik zum Frühstück"! Das Ergebnis dieses Umwelt-Filmprojekts kann sich sehen lassen - siehe unter "Links"!
Erst in den Jahren 1905 bis 1907 entwickelte der belgisch-amerikanische Chemiker Leo Hendrik Baekeland das erste vollsynthetische Produkt aus Erdöl, das er Bakelit nannte. Es war der erste industriell produzierte Kunststoff und wird heute noch hergestellt. Seither wurde eine Reihe von Kunststoffen entwickelt, welche in einem rasanten Tempo die ganze Welt „eroberten“. Heute findet sich Plastik in jedem Haushalt und ist aus unserem Leben nicht mehr wegzudenken. Plastik ist mittlerweile überall – und das ist ein sehr großes Problem!
Was ist Plastik?
Plastik ist der umgangssprachliche Ausdruck für Kunststoffe aller Art. Das Wort „Plastik“ stammt aus dem Griechischen und bedeutet ursprünglich die geformte/formende Kunst. Als Kunststoff wird ein Festkörper bezeichnet, der synthetisch oder halbsynthetisch (aus Naturprodukten) erzeugt wurde. Dazu kommen diverse Zusatzstoffe wie Weichmacher, Stabilisatoren, Farbmittel, Füllstoffe, Verstärkungsmittel, Flammschutzmittel und Antistatikmittel, die im Verarbeitungsprozess beigemischt werden, um die Eigenschaften des Materials an den jeweiligen Verwendungszweck anzupassen.
Kunststoffe kann man durch chemische Umwandlung aus Naturprodukten oder durch Synthese von kleineren Molekülen zu Molekülketten herstellen. Umgewandelte Naturprodukte sind zum Beispiel Gummi, der aus dem Saft der Gummibäume (Kautschuk) erzeugt wird, und Fasern, die aus Zellulose gewonnen werden.
Heutzutage werden Kunststoffe größtenteils synthetisch hergestellt. Die Ausgangsprodukte werden aus Erdöl, Kohle und Erdgas gewonnen. Etwa 4 % der aus den Raffinerien kommenden Erdölprodukte werden in der Kunststoffindustrie verbraucht.
Welche Vorteile hat Plastik?
Kunststoffe haben ein enorm breites Einsatzfeld, sie können weich und hart sein, sie lassen sich beliebig und schon bei niedrigen Temperaturen formen, und sie erhalten durch Beimischung spezieller Zusatzstoffe weitere, fast frei bestimmbare Eigenschaften. Und diese Qualitäten – Härtegrad, Bruchfestigkeit, Elastizität, Temperaturbeständigkeit, chemische Beständigkeit – sind, je nach Herstellungsverfahren, Ausgangsmaterial und Zusätzen, fast stufenlos regulierbar.
Kunststoffe werden zu Formteilen, Fasern und Folien weiterverarbeitet und dienen der Herstellung von Verpackungsmaterialien, Lacken, Klebstoffen, Textilien, Bauteilen und Isolierungen, um nur einige Verwendungszwecke zu nennen. Es gibt nicht viel, das es nicht in irgendeiner Form auch aus Plastik gibt.
Welche Nachteile hat Plastik?
Plastik verursacht Müll. Plastik zerfällt sehr langsam und kann dabei in unsere Nahrungskette eindringen. 200 Jahre braucht etwa eine PVC-Windel, bevor sie sich in ihre Bestandteile aufgelöst hat. Und bis dahin kann sie Problemstoffe in die Umwelt abgeben. 200 Jahre lang dringen diese Stoffe in die ökologischen Kreisläufe ein. Und niemand kann sie je zurückholen.
Die Menge an Kunststoff, die seit Beginn des Plastikzeitalters weltweit produziert wurde, reicht bereits aus, um den gesamten Erdball sechsmal mit Plastikfolien einzupacken (Quelle: „Plastic Planet“). Die drei größten Einsatzgebiete für Kunststoffe sind Verpackungen (33 %), Bauwesen (25 %), Elektronik, Elektrotechnik (25 %).
Jährlich werden alleine 600 Mrd. Plastikbeutel hergestellt und weggeworfen. Es gibt nur wenige und meist auch nur halbherzige Versuche, etwas gegen diese maßlose Verschwendung von Ressourcen und Umweltverschmutzung zu unternehmen. Bangladesch hat als erster Staat der Welt 2002 Plastiktüten verboten, in China darf man keine dünnen Plastiksackerln mehr verwenden. In Dehli kann man für das Verwenden von Plastiktüten mit bis zu fünf Jahren Gefängnis rechnen; Plastiktüten verstopfen u. a. Kanäle und Rohre, was sich vor allem während des Monsuns verheerend auswirkt. In Paris sind Plastiktüten bereit seit drei Jahren verboten, ab 2010 in ganz Frankreich; in Australien wird ein Verbot diskutiert.
Weltweit werden nur geringe Mengen der Kunststoffabfälle recycelt: von den jährlich erzeugten 14 Mio. t Styropor etwa nur 1 %. Kunststoffrecycling ist aufgrund der vielen unterschiedlichen Kunststoffe und der vielen Zusätze nicht immer einfach und auch nicht immer möglich. Dennoch: Recycling bedeutet, mit unseren Ressourcen bewusst umzugehen. Es ist daher wichtig, möglichst viele Kunststoffe wiederzuverwerten. In Österreich gibt es bei der Mülltrennung regionale Unterschiede, und man muss in seinem Wohnort im Gemeindeamt oder beim zuständigen Abfallverband nachfragen, wie die Kunststoffsammlung gehandhabt wird.
Plastik vergiftet Meere und Tiere. Die Ozeane und Strände sind mit Kunststoffmüll verseucht. Über die Nahrungskette reichern sich die in den Kunststoffen enthaltenen Gifte auch in den Fischen an, die auf unseren Tellern landen.
Abgesehen davon sterben viele Tiere, weil sie Plastikmüll für Nahrung halten: Laut Greenpeace fallen weltweit 267 verschiedene Tierarten nachweislich dem Müll im Meer zum Opfer – darunter Schildkröten, Robben, Fische und Krebse. Durch das Fressen von Plastikmüll verenden jährlich etwa 100.000 Meeressäuger qualvoll. An einigen Stellen in den Weltmeeren gibt es bereits 60-mal so viel Plastik wie Plankton (Quelle: „Plastic Planet“).
Südöstlich von Hawaii hat sich in der sich im Uhrzeigersinn drehenden Meeresströmung des Pazifiks ein gigantischer Wirbel aus mehr als 100 Mio. t Plastikmüll gebildet. Plastikflaschen, -behälter und -tüten werden unter Einwirkung von Sonne, Gezeiten, Wind und Wellen in winzige Partikel zerrieben. Diese giftige Suppe dreht sich in einer gigantischen Strudelbewegung knapp unter der Meeresoberfläche. Der Müllstrudel wächst seit 60 Jahren unbehindert und ist nach Einschätzung von Wissenschaftlern bereits doppelt so groß wie Mitteleuropa.
Plastik vergiftet den Menschen. Zahlreiche Studien weisen darauf hin, dass sich die Chemikalien aus den Kunststoffen lösen, in den menschlichen Körper wandern und dort u. a. das Hormonsystem negativ beeinträchtigen. Die Chemikalien können gravierende Gesundheitsschäden verursachen, von Allergien und Fettleibigkeit bis hin zu Unfruchtbarkeit, Krebs und Herzerkrankungen. Besonders gefährlich sind Phthalate und Bisphenol A (BPA). Phathalate und ihre Abbauprodukte sind bei jedem Menschen im Blut und/oder Urin nachweisbar. Bei welchen Dosen beim Menschen Effekte auftreten, ist noch nicht geklärt. In Tierversuchen erwiesen sich Phthalate als krebserregend, entwicklungstoxisch und reproduktionstoxisch.
Auch die Chemikalie Bisphenol A ist in fast allen Gegenständen des täglichen Gebrauchs (z. B. in Babyfläschchen und anderen Getränkeflaschen, Essgefäßen, Lebensmittelverpackungen) enthalten und gelangt somit auch in den menschlichen Körper. Sie ist im Urin, Blut, Fruchtwasser, Gebärmuttergewebe, Nabelschnurblut und in der Follikelflüssigkeit nachweisbar. Man sollte daher vor allem beim Kauf von Babyartikeln (Schnuller, Fläschchen) vorsichtig sein und auf den Hinweis „B-free“ (= frei von Bisphenol A) achten!
Was können wir tun?
Um das Problem an der Wurzel zu behandeln, sollte jeder seinen Plastikverbrauch reduzieren und zum Beispiel zu wieder verwendbaren Flaschen und Tragetaschen greifen.
Es gibt mittlerweile auch Alternativen zu Plastik: sogenannte biologische Kunststoffe. Diese werden statt aus Erdölprodukten aus nachwachsenden Rohstoffen wie Pflanzenstärke, Zucker und Zellulose hergestellt und sind organisch abbaubar. Man sollte aber stets hinterfragen, welche Rohstoffe dafür verwendet wurden. Bei der Verwendung von Maisstärke als Rohstoff etwa werden Monokulturen gefördert, und es besteht die Möglichkeit, dass sie aus gentechnisch veränderten Pflanzen gewonnen wurde.
Man sollte einfach versuchen, mit dem Thema „Plastik“ bewusster umzugehen und beim Einkauf nach Alternativen suchen.
Text von Dipl.-Ing. Regina Hrbek, Leiterin der Natur- und Umweltschutzabteilung der Naturfreunde Österreich
Verzichten Sie auf Plastiksackerln, und steigen Sie auf Baumwolltaschen um! Anlässlich der Aktivitäten zum Weltumwelttag „Auf die sanfte Tour“ gibt es praktische Naturfreunde-Tragetaschen aus Baumwolle. Wenn Sie eine solche kostenlose Tasche haben wollen, schreiben Sie bitte eine kurze E-Mail an regina.hrbek@naturfreunde.at. So lange der Vorrat reicht, schicken wir gerne eine Tasche pro Person zu.
Voriges Jahr lief in den österreichischen Kinos der Dokumentarfilm „Plastic Planet“, in dem Regisseur Werner Boote sehr anschaulich zeigt, inwiefern Plastik zu einer globalen Bedrohung geworden ist. Der Regisseur findet in seiner ebenso kurzweiligen wie aufrüttelnden Dokumentation einen perfekten Weg zwischen Sachlichkeit, persönlicher Motivation und lebendiger Darstellung der katastrophalen ökonomischen sowie ökologischen Kreisläufe. Er stellt Fragen, die uns alle angehen: Warum ändern wir unser Konsumverhalten nicht? Warum reagiert die Industrie nicht auf die Gefahren? Wer gewinnt? Und wer verliert?
Der Film ist in Österreich Mitte September 2010 auf DVD erhältlich.
Werner Boote hat seine Erlebnisse und Erfahrungen im Zuge der Recherchen für den Film in dem Buch „Plastic Planet. Die dunkle Seite der Kunststoffe“ niedergeschrieben. Das Buch kostet 20,60 € und kann über die Hompage www.plastic-planet.at bestellt werden. Gute Anregungen bietet auch die Homepage www.keinheimfuerplastik.at, auf der eine Grazer Familie, die in einem Experiment versucht hat, einen Monat lang ohne Plastik zu leben, ihre Erfahrungen über weniger Plastik im Alltag weitergibt.