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Volksbegehren „Raus aus Euratom“

Viele Unwahrheiten kursieren im Moment über den möglichen Ausstieg Österreichs aus dem Euratom-Vertrag. Anscheinend versucht die Bundesregierung zu verunsichern. Deshalb nehmen die Naturfreunde zu den häufigsten verbreiteten Unwahrheiten hier dazu Stellung.

Unwahrheit 1:

Ein Ausstieg aus dem Euratom-Vertrag ist verfassungsrechtlich von einem Austritt aus der Europäischen Union nicht zu trennen und eine isolierte Austrittsmöglichkeit besteht nicht.

  

Gegendarstellung: Ein getrennter Austritt aus dem EURATOM-Vertrag ohne dass damit ein Austritt aus der Europäischen Union verbunden wäre, ergibt sich aufgrund des Verweises von Artikel 49a EUV auf den Artikel 106a EURATOM-Vertrag, wodurch die Selbstständigkeit der EURATOM als eigenständige internationale Organisation unberührt bleibt.“ Die Mitgliedschaft Österreichs bei der Europäischen Union wird mit dem angestrebten Volksbegehren "RAUS aus EURATOM" nicht in Frage gestellt, eine isolierte Austrittsmöglichkeit ist sehr wohl möglich!

Laut Kommentar von Univ-Prof. Dr. Michael Geistlinger dazu: "Beim EURATOM Vertrag handelt es sich um den Gründungsvertrag einer Internationalen Organisation, der in der Tat keine  Austrittsbestimmung enthält. Wie bei jedem Vertrag erfolgt auch bei einem solchen Vertrag der Austritt nicht durch einen einstimmig anzunehmenden Austrittsvertrag, sondern aufgrund einer einseitigen - von Österreich erklärten - Kündigung.

 

Rechtliche Situation zum Ausstieg aus der Europäischen Atomgemeinschaft EURATOM aufgrund des am 1.12.2009 in Kraft getretenen Lissabon-Vertrags Auf völkerrechtlicher Ebene ist Art 49a EUV (Vertrag von Lissabon) maßgeblich, der als Teil von Art 106a EURATOM-Vertrag auch für diesen gilt.

 

Diese Bestimmung lautet in der bereinigten Fassung:

(1) Jeder Mitgliedstaat kann im Einklang mit seinen verfassungsrechtlichen Vorschriften beschließen, aus der Europäischen Atomgemeinschaft auszutreten.

 

(2) Ein Mitgliedstaat, der auszutreten beschließt, teilt dem Europäischen Rat seine Absicht mit. Auf der Grundlage der Leitlinien des Europäischen Rates handelt die Europäische Atomgemeinschaft mit diesem Staat ein Abkommen über die Einzelheiten des Austritts aus und schließt das Abkommen, wobei der Rahmen für die künftigen Beziehungen dieses Staates zur Europäischen Atomgemeinschaft berücksichtigt wird. Das Abkommen wird nach Artikel 188n Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union ausgehandelt. Es wird vom Rat im Namen der Europäischen Atomgemeinschaft geschlossen: der Rat beschließt mit qualifizierter Mehrheitnach Zustimmung des Europäischen Parlaments.

 

(3) Der Vertrag findet auf den betroffenen Staat ab dem Tag des In-Kraft-Tretens des Austrittsabkommens oder andernfalls zwei Jahre nach der in Absatz 2 genannten Mitteilung keine Anwendung mehr, es sei denn, der Europäische Rat beschließt im Einvernehmen mit dem betroffenen Mitgliedstaat einstimmig, diese Frist zu verlängern.

 

(4) Für die Zwecke der Absätze 2 und 3 nimmt das Mitglied des Europäischen Rates und des Rates, das den austretenden Mitgliedstaat vertritt, weder an den diesen Mitgliedstaat betreffenden Beratungen noch an der entsprechenden Beschlussfassung des Europäischen Rates oder des Rates teil. Die qualifizierte Mehrheit bestimmt sich nach Artikel 205 Absatz 3 Buchstabe b des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union.

(5) Ein Staat, der aus der Europäischen Atomgemeinschaft ausgetreten ist und erneut Mitglied werden möchte, muss dies nach dem Verfahren des Artikels 49 beantragen.“

 

Unwahrheit 2:

Auch der am 1. Dezember 2009 in Kraft getretene Vertrag von Lissabon ändert nichts an der Rechtslage, dass ein Austritt aus dem EURATOM-Vertrag nicht möglich ist!

 

Gegendarstellung: Vor Inkrafttreten des Lissabon-Vertrags - also vor dem 1. Dezember 2009 - wäre der einseitige Austritt Österreichs aus EURATOM aufgrund Artikel 56 Wiener Vertragskonvention Völkergewohnheitsrecht sogar ganz einfach aufgrund einer Erklärung des Bundespräsidenten/des Bundeskanzlers innerhalb eines Jahres möglich gewesen.

 

Unwahrheit 3:

Die Bundesregierung setzt sich in Brüssel für eine Änderung des Euratom-Vertrages ein. Österreich wird weiterhin neue nachhaltige Energie-Initiativen unterstützen, auch um die Abhängigkeit Europas von Nuklearenergie substantiell zu verringern.

 

Gegendarstellung: Schon die rechtlichen Strukturen, auf Grundlage derer eine Reform bzw. „Änderung des Euratom-Vertrages“ überhaupt durchgeführt werden könnte, stellen eine Hürde an sich dar. EURATOM ist eine juristisch völlig eigenständige Konstruktion. Sie bedient sich zwar derselben Institutionen wie die Europäische Union, jedoch in einer bedenklich demokratiefeindlichen Form: der Rat ist die alleinige Legislative. Was die Abgeordneten zum Europaparlament - also die direkten Vertreter der Staaten! -einbringen, wird lediglich angehört, bleibt aber unerheblich So entpuppen sich Beiträge zu EURATOM aus dem EU-Parlament als reines Blendwerk, wohl um den Anschein einer demokratischen Grundhaltung zu erzeugen.

 

Bis jetzt hat die österreichische Politik überhaupt keine atomfeindliche Haltung gezeigt: Die Finanzmittel aus dem EURATOM-Budget für die europäische Atomwirtschaft wurden in den Jahren der österreichischen Mitgliedschaft nicht etwa eingefroren oder verringert, wie man das erwarten würde, wenn Österreich eine konsequente Antiatom-Politik bei EURATOM machen würde. Nein, die Finanzmittel für EURATOM wurden unter österreichischer Beteiligung im Jahr 2006 im 7. EU-Rahmenforschungsprogramm sogar verdreifacht! Und der österreichische Umweltminister zögerte auch nicht, im Sommer 2010 seine Zustimmung für zusätzliche 1.400 Millionen Euro für die Finanzierung des Kernfusionsreaktors ITER (International Thermonuclear Experimental Reactor) zu geben.

 

Unwahrheit 4:

Bei einem Austritt aus dem EURATOM-Vertrag  müssen die Gelder an EURATOM weiter bezahlt werden, dafür hat man aber das Mitsprachrecht verloren.

 

Gegendarstellung: Einer der wichtigsten Beweggründe für den Austritt aus EURATOM ist es ja, dass keine österreichischen Gelder an EURATOM fließen sollen. Um das sicher zustellen - es gibt kein eigens ausgewiesenes EURATOM Budget, sondern nur eines der Europäischen Union als Gesamtes - wird es gut durchdachte vertragliche Regelungen im Austrittsvertrag bedürfen, die auch am Verhandlungstisch durchzusetzen wären.

 

Die Naturfreunde appellieren wiederholt an alle Österreicherinnen und Österreicher den Ausstieg aus EURATOM aktiv mit ihrer Unterschrift zu unterstützen. Das Volksbegehren liegt noch bis 7. März 2011 in allen Gemeindeämtern und Magistraten zum Unterschreiben auf.

 

Eine Liste der Eintragungslokale und Öffnungszeiten findet sich auf der Homepage des Bundesministeriums für Inneres:

www.bmi.gv.at/cms/BMI_wahlen/volksbegehren/vb_xx_periode/euratom/start.aspx

 

 

Mit der Unterschrift beim Volksbegehren, sagen Sie NEIN zur Atomenergie!
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