Graz, am 10. Oktober 2015: Warum gab es im vergangenen Winter so viele Lawinenunfälle? Ist es so schwierig, Lawinengefahren zu beurteilen? Wird der Einschätzung der Lawinengefahr zu wenig Aufmerksamkeit zuteil? Oder wollen wir die Zeichen nicht richtig deuten, weil der nächste Tiefschneehang noch unverspurt ist und die Gruppe schon drängt? Die einfachste Lösung wäre, wir schieben die Schuld auf diesen außergewöhnlich „bescheidenen“ Winter, mit wenig Schnee und schlechtem Schneedeckenaufbau. Diese Lösung wäre für uns WintersportlerInnen sehr einfach, jedoch mit Sicherheit ein falsches Resümee.
Der Lawinenlagebericht gibt uns für unser Tun im winterlichen Gebirge unverzichtbare und wertvolle Informationen. Leider kommt es oft zu einer Fehlinterpretation des Lawinenlageberichts. Bei Lawinenwarnstufe 1 (gering) etwa heißt es nicht, dass eine Lawinengefahr ausgeschlossen ist. Nein! Es heißt u. a., dass eine Lawinenauslösung im Allgemeinen nur bei großer Zusatzbelastung an vereinzelten Stellen im extrem steilen Gelände möglich ist.
Genauso wichtig, wie den Inhalt des Lageberichts zu verstehen, ist es auch zu wissen, dass dessen Aussage ein sehr großes Gebiet abzudecken hat. Daher bleibt die Einzelhangbeurteilung bei uns selbst. Der Lawinenlagebericht weist nur auf besondere Gefahrenstellen hin. Die persönlichen Wahrnehmungen im winterlichen Gebirge und deren Interpretationen sollten daher einen wesentlichen Teil der Gefahrenbeurteilung darstellen.
Das Bewusstsein der SkitourengeherInnen und FreeriderInnen im Umgang mit der Lawinengefahr zu verbessern ist eine wesentliche Aufgabe der Naturfreunde Österreich. Am 10. Oktober 2015 fand daher in Zusammenarbeit mit der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) in Graz ein internationales Lawinensymposium statt.
Ziel dieses Symposiums war es, der breiten Öffentlichkeit eine Plattform zu bieten, wo sie sich über die neuesten Erkenntnisse in puncto Schnee, Lawinen und Faktor Mensch informieren kann.
Internationale Experten referierten über die aktuellen Ergebnisse der Lawinenforschung und gaben Einblick, wie Lawinenlageberichte entstehen und wo deren Grenzen liegen; es wurden Unfälle analysieren um Aufschluss zu erhalten, welche Rolle der Mensch im Risikomanagement spielt.
Klaus Pfaffenender: Aufgaben der Alpinpolizei in Österreich
Am Podium:
Albert Leichtfried, Milena Preradovic, Melissa Presslaber, Marcellus Schreilechner, Thomas Stucki
Moderation: Mag. Andreas Jäger von Servus TV
Im Zuge dieses Symposiums forderten die Naturfreunde Österreich, von allen Lawinenwarndiensten die Umstellung auf einen Nachmittags-Lawinenlagebericht (LLB)!
Begründung:
Der LLB ist eine der wichtigsten Informationsquellen für Tourengeher, um die so wichtige Tourenplanung durchzuführen. Tourengeher starten jedoch meist in der Früh, d.h. der LLB, welcher derzeit am Morgen herausgegeben wird, kommt sehr oft für eine Planung zu spät.
Mit aktuellem LLB bereits am Vorabend, wäre eine Tourenplanung um vieles einfacher und vor allem sicherer. Etwaige Warnungen oder Gefahrenbereiche könnten so frühzeitig in die Planung miteinfließen.
Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) in Graz
Bergrettung Steiermark
Steirischer Bergführerverband
Land Steiermark
Alpinpolizei