Jede Wanderung und Bergtour steht und fällt mit dem richtigen Schuhwerk. Es zahlt sich daher aus, sich mit der Wahl der Wander- und Bergschuhe genügend Zeit zu lassen und ein Fachgeschäft aufzusuchen, in dem man kompetent beraten wird. Zunächst ist zu klären, wofür ich die Schuhe eigentlich brauche. Wie lange werde ich damit wo und zu welcher Jahreszeit unterwegs sein Sport- und Freizeitschuhe sind mit ihrem leichten Schuhaufbau und griffigen Sohlen ideal für ebenes Gelände und asphaltierte Straßen.
Leichte Wanderschuhe sind perfekt für Reisen, ausgedehnte Spaziergänge und Tageswanderungen. Die Modelle sind sehr leicht, atmungsaktiv und weich gepolstert; flexible Sohlenkonstruktionen erleichtern die Schrittabwicklung. Diese Schuhe sind jedoch nicht für Touren in weglosem, steinigem Gelände geeignet.
Mittelfeste Bergschuhe verwendet man für lange Trekkingtouren und Touren in steinigem Gelände. Stabile Schaftversteifungen schützen den Fuß vor Verletzungen, spezielle Polsterungen, teils thermoverformbar, umschließen den Fuß wie eine Schale.
Bergschuhe mit einer robusten Profilsohle und trittfestem Grip sind teils bedingt steigeisenfest: Sie sind für Leichtsteigeisen mit Riemen oder Körbcheneisen zum Überqueren von Schneefeldern bzw. für leichte Gletscherbegehungen geeignet.
Hochalpine Bergschuhe sind im Schaftbereich stark versteift und voll steigeisenfest. Dank technologischer Fortschritte und des reduzierten Gewichts der Schuhe benötigt man mit ihnen auf extremen Touren weniger Kraft. Feste, verwindungsfreie Sohlenkonstruktionen bieten Halt auf Fels und Eis.
Gore-Tex ist eine wasserundurchlässige, aber dampfdiffusionsoffene Kunststoffmembran, die zwischen Ober- und Untermaterial eingearbeitet wird. Wassertropfen sind etwa 20.000-mal größer als die Poren einer Gore-Tex-Membran. Dadurch ist Gore-Tex sehr wasser- und winddicht. Allerdings nur für etwa zwei Jahre, dann beginnt die Gore-Tex-Membran brüchig zu werden. Sobald sich Risse in der Membran bilden, bleibt der Wanderschuh nur dicht, wenn man ihn genügend pflegt. Ist das Obermaterial aus Leder, kann man die Schuhe mit einem wachshaltigen Pflegemittel relativ gut gegen Nässe schützen. Besteht das Obermaterial aus dem Kunststoffgewebe Cordura, verwendet man einen Spray; die Schuhe werden allerdings nur bedingt dicht.
Bei Schuhen aus Gore-Tex wird die Körperfeuchtigkeit als Wasserdampf durchgelassen. Diese Wirkung ist jedoch nur bei starken Temperaturunterschieden zwischen Umwelt und Schuhinnenklima gegeben. Wenn die Außentemperatur so hoch wie im Schuh ist, schwitzt man, ohne dass Feuchtigkeit abtransportiert wird.
Leder ist ein geschmeidiges, zähes, haltbares und vielseitig einsetzbares Material und passt sich mit der Zeit an den Fuß an. Es ist relativ wasserundurchlässig und - wie Gore-Tex - atmungsaktiv. Leder besteht aus zwei unterschiedlichen Fasergefügen: Die Retikularschicht ist grobfasrig, sehr dehnbar. Sie gibt dem Leder den „Körper“. Die Papillarschicht bildet das charakteristische Oberflächengefüge, sie ist sehr fein und fest. Durch sie dringen Wassertropfen nur schwer hindurch, kleinere Luftmoleküle wandern allerdings ungehindert durch die Schicht, auch ohne Temperaturunterschied. Wenn Lederschuhe regelmäßig mit etwas Bienenwachs eingerieben werden, sind sie auch wasserdicht.
In der heutigen Zeit geht der Trend zu möglichst leichten Schuhen. Vor allem EinsteigerInnen tun sich mit leichten Schuhen einfacher. Gewicht kann nur durch die Verwendung von Textilgeweben eingespart werden. Textilgewebe nützt sich jedoch schneller ab als Leder - die Haltbarkeit leichter Schuhe ist dadurch stark vermindert. Bei hochwertigen Bergschuhen wird daher fast immer Leder als Außenschicht verwendet und zusätzlich eine Gore-Tex-Membran eingearbeitet.
Der Vorteil von schwereren Schuhen ist, dass sie bei jedem Schritt die Gelenke etwas auseinanderziehen, sodass Gelenksflüssigkeit einfließen kann. Starken Abnützungserscheinungen der Kniegelenke wird somit vorgebeugt.
Ich muss also beim Schuhkauf entscheiden, welche Eigenschaften mir wichtiger sind: lange Haltbarkeit oder Leichtigkeit.
Bei der Frage nach dem besseren Halt, spielt es keine Rolle, ob es sich um einen Gore-Tex- oder einen Volllederschuh handelt. In jedem modernen Wanderschuh sind Versteifungsschichten und spezielle Polsterschäume eingearbeitet. Der Verwendungszweck ist ausschlaggebend, ob der Schuh mehr oder weniger Halt bieten soll. Wenn man vorhat, auf hohe Berge zu klettern, sollte man keinen leichten Trekkingschuh anziehen. Die Verletzungsgefahr wäre zu hoch. Mit einem schweren Bergschuh eine Wienerwald-Tour zu machen, wäre ebenfalls nicht sinnvoll.
Für das Wohlbefinden beim Gehen ist natürlich auch das Klima im Schuh wichtig. Im Winter nimmt man am besten Gore-Tex-Schuhe, weil sie die Füße angenehm warm halten.
In der heißen Jahreszeit verspricht der Lederschuh ein besseres Klima. Zu beachten ist, dass man Lederschuhe nur einen Tag lang tragen sollte; danach muss man sie einen lang Tag auslüften und trocknen lassen. Wer mehrtägige Touren unternimmt, zieht daher besser Gore-Tex-Schuhe an, weil diese schneller trocknen. Für ein gutes Schuhklima spielen auch die Socken eine wichtige Rolle. Ein Socken dient als Pufferschicht, die Blasen und Druckstellen verhindern kann - aber nur, wenn er den Schweiß gut aufsaugt und wieder abgibt, sodass der Fuß trocken bleibt. Je mehr Kunststoffanteil, desto mehr Schweiß und unangenehmer Geruch bilden sich. Am besten trägt man möglichst reine Schafwollsocken.
Großunternehmen, die Massenware auf den Markt bringen, haben ihre Produktionsstätten in sogenannte Billiglohnländer ausgelagert und sparen an qualifiziertem Personal und hochwertigem Material. Das Ergebnis sind Schuhe, die bereits nach einigen Monaten reparaturbedürftig sind und sehr oft die Füße des Trägers auf Dauer schädigen. Abgesehen davon stecken in solchen Schuhen auch jede Menge Chemie und giftige Kunstklebstoffe. Davor verschließen viele KonsumentInnen gerne die Augen. Doch das Gesundheitsrisiko ist groß: Vor allem der Schweiß löst die Gifte aus den Materialien heraus. Weichmacher, Farbpigmente und andere chemische Stoffe werden von der Haut aufgenommen und gelangen in den Körper. Damit steigt zum Beispiel die Allergie- und Krebsgefahr.
Man sollte daher Schuhe von Herstellern kaufen, die ökologisch verantwortungsvoll und nachhaltig handeln. Dazu gehören die Verarbeitung von pflanzlich gegerbtem Leder, Reduktion von Weichmachern, faire Arbeitsbedingungen und die Weiterentwicklung von „grünen“ Technologien.
In diesem Sinn: Viel Freude mit gesunden Schuhen in einer gesunden Umwelt!
Text: Kurt Hofmann, Schuhmachermeister und Inhaber des Wiener Berg- und Wanderschuhfachgeschäftes Mörtz, Windmühlgasse 9, 1060 Wien