Text: Karen Eller, ehemalige Profimountainbikerin und Buchautorin, Fotos: Andreas Vigl
Biketouren mit der ganzen Familie haben es oft in sich. Denn einer der Beteiligten motzt immer. Wutausbrüche, Tränen, wilde Schimpfereien sind die Folge. Um solche Szenen zu verhindern, sollten Eltern die Bereitschaft mitbringen, dass es nicht vorrangig um ihr eigenes Bikevergnügen geht, sondern darum, ihren Kindern den Spaß an einem Bikeabenteuer zu vermitteln. Eine Biketour mit Kindern ist etwas Besonderes und auch ganz besonders schön.
Am besten hat man einen Plan, der spontane Änderungen zulässt. Denn es läuft immer anders, als geplant. Bei der Tourenauswahl braucht es Einfühlungsvermögen: die Ziele für die Kinder nicht zu hochstecken, spannende Pausen einplanen. Während einer Biketour gibt es in der Natur viel zu entdecken. Kinder wollen oft anhalten, um Dinge genauer zu erforschen. Diese Aktivitäten sollte man einplanen und beim Erstellen des Zeitbudgets berücksichtigen.
Das Ziel einer Tour kann ein schöner Picknickplatz mit Feuerstelle oder eine Hütte mit leckerem Kaiserschmarren sein, aber auch die Aussicht auf eine spannende Abfahrt wirkt motivierend. Erfahrungsgemäß hilft es auch, einen Freund oder eine Freundin der Kinder mit auf die Tour zu nehmen. Die Kinder spornen einander an und können oft über sich selbst hinauswachsen.
Kinder lieben Abwechslung. Vielleicht ist es manchmal auch nicht eine „echte“ Biketour, die Begeisterung auslöst, sondern ein Ausflug in einen Bikepark mit Lift oder ein Nachmittag mit Freunden auf einem Pumptrack. Auch wenn das nicht immer zu den Vorlieben der Eltern gehört …
Wie bei jedem sportlichen Ausflug nimmt man ausreichend viel Verpflegung und genug zum Trinken mit. Darüber hinaus packt man Regenschutz, Taschentücher, ein Erste-Hilfe-Set sowie einen Schlauch oder ein Seil zum Abschleppen ein.
Die Länge und Schwierigkeit der Touren sollte man langsam steigern. Jedes Kind ist anders, Pauschalangaben lassen sich nicht machen. Weniger ist mehr. Ein total erschöpftes Kind wird bei der nächsten Planung einer Biketour schon im Vorfeld dankend ablehnen.
Darf man eine Alpenüberquerung wagen? Es braucht auf jeden Fall Mut und Erfahrung, um mit dem Nachwuchs auf eine Transalp-Tour zu gehen. Aber es stärkt den Familienzusammenhalt und bringt das eine oder andere Abenteuer mit sich - eine ordentliche Portion Kondition der Kinder vorausgesetzt; zutrauen kann man ihnen ein solches Unternehmen ab etwa 12 Jahren, je nach Routenwahl. Allerdings sollten die Eltern schon Alpenüberquerungserfahrung haben. Zur Vorbereitung sollte man mit den Kindern unbedingt eine Zweitagetour mit Hüttenübernachtung absolvieren.
Kinder lieben es, Rad zu fahren, aber auch zu spielen, Würstchen oder Marshmallows zu grillen, zu jausnen, im Freien zu übernachten, Erfahrungen fürs Leben zu sammeln. Eltern müssen bereit sein sich einzufühlen; so können auch Zeichen einer Überforderung oder eines sich anbahnenden Wutausbruchs frühzeitig erkannt werden.
Kinder können sich unter den Begriffen „Höhenmeter“ oder „Kilometer“ nichts vorstellen. Sie eignen sich also kaum zur Motivation als Antwort auf die Frage, wie weit es noch ist. Hier ist eine kindgerechte verständliche Beschreibung gefragt. Zum Beispiel: Ich wette, du weißt nicht, wie viele Bäume noch am Weg stehen. Zähl mal die Bäume, bis wir oben sind! Oder: Wir sind bald am Ziel, wenn der Märchenwald lichter wird und wir das Knusperhäuschen sehen können. Geschichten sind bis zum Alter von 10 Jahren sehr gut geeignet, danach muss man sich eher sportliche Challenges einfallen lassen.
Druck erzeugt Gegendruck. Das ist in der Schule genauso wie beim Sport. Wird der Druck zu groß, machen viele Kinder genau das Gegenteil von dem, was Papa oder Mama gerne wollen. Echter Zeitdruck ist besonders schlimm. Deshalb ist es manchmal nicht schlecht, ohne festes Ziel eine eher kürzere Tour zu machen, um genügend Zeit zu haben. Man schaut einfach, wie weit man kommt. Kinder wollen sich an Herausforderungen selbst herantasten und Verschiedenes ausprobieren; sie melden sich schon, wenn sie an der einen oder anderen Trailpassage eine Hilfestellung haben möchten.
Wenn nichts mehr geht, ist Schieben und Abschleppen die einzige Möglichkeit. Das setzt voraus, das die Eltern gut trainierte Beine haben; deshalb gewinnt das Thema E-MTB mehr und mehr an Bedeutung. Wenn zumindest ein Elternteil elektrisch unterwegs ist, hat man Reserven und kann hie und da mal ein Kind unterstützen: beispielsweise mit einem elastischen Abschleppseil wie dem „Tow-Whee“ oder einem 29er-Fahrradschlauch, der zentral am Lenker des Kinderfahrrads montiert und am Hüftgurt eines Eltern-Rucksacks eingehängt wird.
Ein MTB-Fahrtechnikkurs für Kinder ist sicher eine gute Investition. Damit sparen sich Eltern Nerven, und sie können von dem Gelernten der Kinder profitieren.
Der Grundstein für einen harmonischen Biketag wird mit der Geländewahl gelegt. Bevor es mit dem Rad ins Gelände geht, sollte man seine Kids auf einem Pumptrack üben lassen. Hier bekommen sie das richtige Gefühl für Balance und Position auf dem Bike. Danach bieten sich Flowtrails und einfache Wald- und Wiesenpfade an; hier ist das Erfolgserlebnis am größten. Wenn es technisch schwieriger wird, muss man den Kindern Hilfestellung geben.
Im Folgenden einige Tipps, damit Biketouren mit Kindern ein Erfolg werden:
Karen Eller, Holger Meyer
Mountainbiken für Kids
Fahrtechnik, Sicherheit, Motivation und Spaß
Paperback, 144 Seiten, Delius-Klasing-Verlag, 2019, ISBN 978-3-667-11576-8, 25,60 €
Kaum sind die ersten Schritte mit dem Laufrad gemeistert, freuen sich die Eltern schon auf den nächsten Meilenstein: den ersten gemeinsamen Radausflug. Doch ab welchem Alter kann man seine Kinder auf eine Biketour mitnehmen? Welches Kinderfahrrad ist das richtige? Auf welche technische Details muss man beim Kauf achten?
Der Ratgeber „Mountainbiken für Kids“ bietet einen Überblick über den schnell wachsenden Markt der Kinder-MTBs, erklärt die Fahrtechnik und gibt Tipps zur Fahrsicherheit.
Erhältlich im guten Buchhandel und über delius-klasing.de