Wer nach Zeiten der Gipfelsiege, der Bewältigung schwieriger Klettersteige oder der Muße einer naturkundlichen Wanderung noch mehr für seine Gesundheit tun will, kann sich in Zukunft mit ausgebildeten SeniorInnenbetreuern der Naturfreunde zum Wellness-Wandern aufmachen. Die Betreuer wissen darüber Bescheid, wie das Alter uns und unseren Körper verändert. Sie gestalten Wanderungen so, dass sie nicht nur Freude und Erholung bringen, sondern auch Gesundheit und Leistungsfähigkeit weit über die 50 hinaus erhalten. Wandern kann helfen, den Alterungsprozess zu verlangsamen und die Organe lange funktionstüchtig zu halten. Die richtige Durchführung ist dabei entscheidend. Ein langer, steiler Anstieg zu einem Gipfel oder ein rasches Tempo bei heißem Wetter führen den Körper schneller an seine Leistungsgrenze. Im Alter sind diese „Sünden“ nicht mehr so leicht zu verkraften, die Regeneration nach einer Überlastung dauert wesentlich länger, und bleibende Schäden (z. B. ein Kollabieren einzelner Zellen wie bei einem Herzinfarkt) können die Folge sein. Wellness-Wanderer haben nicht den Gipfel zum Ziel, sondern sie tun etwas zur Erhaltung ihrer Gesundheit. Die Freude an der Bewegung in der Natur mit ihren positiven Effekten steht im Mittelpunkt. Regelmäßiges Gehen im optimalen Tempo ohne Konkurrenzdruck trainiert unser Herz-Kreislauf-System. Die Pulsfrequenz bleibt niedrig, die Leistungsfähigkeit wird erhalten. Die Bein- und Rumpfmuskulatur wird mit jedem Schritt gekräftigt. Knochen, die regelmäßig belastet werden, erhalten ihre Dichte länger und sind somit widerstandsfähiger. Der durch Bewegung angekurbelte Stoffwechsel versorgt die Körperzellen mit mehr Nährstoffen und bremst so den Abbau. Das Gehen auf unterschiedlichem Terrain — Asphalt, Wald, Wiese — erfordert ständige koordinative Anpassungen und trainiert damit unser Gleichgewichtssystem. Beim Wellness-Wandern geschieht noch mehr für die Gesundheit; hier ein paar Beispiele: Unter fachkundiger Anleitung der SeniorenInnenbetreuer wird ein Bach dazu genutzt, die Venen in Schwung zu bringen; mit speziellen Atemübungen unterwegs werden das Atemzugvolumen vertieft und die Atemfrequenz gesenkt; mit chinesischer Gesundheitsgymnastik (Qigong) werden Körper und Psyche in Ausgleich gebracht. Auf die richtigen Rahmenbedingungen wird besonders Wert gelegt: Die Betreuer wählen eine dem Alter entsprechende Gehstrecke aus, sie sorgen für viele kurze Trink- und Klopausen und erinnern an den so wichtigen Sonnenschutz. Sie sind für Notfälle ausgerüstet und in spezieller Erster Hilfe geschult.
Jede einzelne Körperzelle altert, und somit sind alle Organsysteme — von Mensch zu Mensch unterschiedlich — betroffen. Die verminderte Elastizität der Gefäße und Stoffwechselablagerungen in den Blutbahnen erhöhen die Pulsfrequenz. Bei körperlicher Belastung wird die individuelle Leistungsgrenze des Herz-Kreislauf-Systems deshalb früher erreicht. Durch die verringerte Elastizität des Gewebes und des Brustkorbes sinkt das Lungenvolumen, was bei Anstrengung zu einer Erhöhung der Atemfrequenz führt. Die Abnahme der Knochendichte bedingt eine erhöhte Brüchigkeit; schon leichte Stürze können einen Knochenbruch nach sich ziehen. Der allgemeine Wasserverlust im Körper, die schlechtere Durchblutung und die verminderte Elastizität führen zu degenerativen Veränderungen an den Gelenken, die somit leicht überbelastet werden. Die Muskelmasse nimmt bis zum 75. Lebensjahr um 30 Prozent ab, Schnelligkeit und Kraft verringern sich. Das belastet die Gelenke zusätzlich. Da auch die Schließmuskulatur (Beckenboden) betroffen ist, kommt es häufig zu Inkontinenz (ungewollter Stuhl- und Harnverlust).
Die Sehnen verlieren an Elastizität; Kalkeinlagerungen machen sie anfällig für Risse.
Durch den Verlust an Kollagen und Wasser in der Haut sinkt die Regenerations- und Widerstandsfähigkeit. Der Sonnenschutz ist daher im Alter besonders ernst zu nehmen.
Die Fähigkeit, über Schwitzen die Temperatur im Körper auszugleichen, ist ebenfalls vermindert. Hohe Belastungen müssen deshalb vermieden werden. Zusätzlich verringert sich durch die hormonelle Veränderung das Durstgefühl, was oft dazu führt, dass zu wenig getrunken wird.
Zu guter Letzt sind die Nerven- und Sinneszellen vom Abbau betroffen. Sehstörungen, Schwerhörigkeit oder Ohrgeräusche, vermindertes Geruchs- und Geschmacksempfinden, aber auch Gleichgewichtsstörungen und Schwindel treten vermehrt auf.
Text von Christina Halasz,Osteopathin, Physiotherapeutin, Dipl. Sportlehrerin, Podotherapeutin