Bevor wir uns diesem heiklen Thema widmen, wollen wir uns aber zuallererst für einen Zahlenverdreher im letzten Newsletter entschuldigen. Trotz gründlicher Recherche zum Thema Nitrate im Trinkwasser ist uns leider ein Fehler unterlaufen - aufmerksamen LeserInnen ist dies glücklicherweise aufgefallen: Statt 0,5 mg/l beträgt der Grenzwert für Nitrat im Trinkwasser nämlich 50 mg/l.
Dass der Nitrat-Gehalt im Trinkwasser ein kritisches Maß erreicht hat, bleibt dennoch Fakt. Apropos gesundheitsgefährdende Grenzwerte - und somit leiten wir auf unser aktuelles Thema über: Der Streit um das Pestizid Glyphosat hat mittlerweile auch eine heikle Grenze überschritten, denn obwohl es von der Internationalen Agentur für Krebsforschung (IARC) und der Weltgesundheitsorganisation (WHO) als “wahrscheinlich krebserregend” eingestuft wurde und praktisch alle Pflanzen abtötet, die nicht mittels gentechnischer Veränderung dagegen immun sind, vertreten die zuständigen EU-Behörden die Auffassung, dass Glyphosat nicht schädlich und eine Weiterverwendung somit unbedenklich sei.
Auch die AGES (Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH) postuliert, dass “...Glyphosat für den Menschen, sowohl für KonsumentInnen von Lebensmitteln als auch für die AnwenderInnen von Pflanzenschutzmitteln, bei sachgerechter Anwendung gesundheitlich weitgehend unbedenklich ist” und “...das Risiko für Bodenorganismen, bestäubende Insekten und Vögel gering ist.”
Dass Glyphosat jedoch sehr wohl schädlich ist, belegen zahlreiche Forschungen. So hat etwa die Universität für Bodenkultur in einer Studie zu Glyphosat eine Schädigung der Fortpflanzung von Regenwürmern durch glyphosathaltige Produkte festgestellt. Weiters wird das weltweit zu beobachtende Amphibiensterben als eine der Folgen des Pestizides angesehen. Und auch seitens der Organisation Global 2000 ist man alles andere als positiv gestimmt: Im Jahr 2013 untersuchte sie gemeinsam mit den “Friends of the Earth” Urin-Proben von insgesamt 182 Testpersonen aus 18 europäischen Ländern auf Glyphosat. Das Resultat: Bei 3 von 10 untersuchten Personen aus Österreich konnte Glyphosat im Urin nachgewiesen werden, in anderen Ländern waren es sogar bis zu 9 von 10. Und nicht zuletzt wird vermutet, dass Glyphosat Schädigungen in der menschlichen und tierischen DNA verursacht sowie frucht- und hormonschädigend ist.
...dass die zuständigen Behörden dennoch über all die gesundheitlichen Bedenken dieses Stoffes hinwegsehen? Für Glyphosat-Gegner liegt dies auf der Hand: Hier geht es ums Geld. Tatsache ist nämlich, dass Glyphosat innerhalb der Landwirtschaft das am meisten eingesetzte Pestizid ist. Vor allem in Ländern, in denen gentechnisch veränderte Monokulturen gezüchtet werden, wird Glyphosat als Unkrautgift verwendet, denn diese Pflanzen sind gegen das Gift immun. Sollte Glyphosat also aus dem Verkehr gezogen werden, stünden für Gentechnik-Konzerne wie Monsanto Milliarden auf dem Spiel. Und - siehe da - wenn man sich mit der Entstehungsgeschichte dieses Pestizides beschäftigt, findet man relativ rasch heraus, dass eben genau Monsanto dieses Produkt 1974 auf den Markt brachte. Als wesentlicher Inhaltsstoff des Pflanzenschutzmittels Roundup ist es seitdem im Handel erhältlich.
Doch muss man sich diesem unverantwortlichen Milliarden-Spiel mit der Gesundheit unterwerfen? “Nein!” finden mittlerweile immer mehr Gemeinden und Länder. Im Juni dieses Jahres haben sich laut Greenpeace Austria bereits 311 österreichische Gemeinden gegen den Einsatz dieses umstrittenen Unkrautvernichters ausgesprochen. Bereits mehr als eine Million EuropäerInnen haben die Europäische Bürgerinitiative (EBI) gegen Glyphosat unterzeichnet, und auch der französische Umweltminister Nicolas Hulot ließ kürzlich erklären, dass Frankreich gegen eine weitere Neuzulassung von Glyphosat stimmen wird.
Ob die zuständige EU-Kommission die Zulassung für Glyphosat für weitere 10 Jahre verlängern wird oder ob sie die Forderungen der Bevölkerung ernst nimmt, entscheidet sich diesen Herbst.