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Fair zur Natur im Dezember

Essen im Müll
                          
143 voll beladene Sattelschlepper. So viele genießbare Lebensmittelabfälle fallen in Österreich pro Tag an. Rund die Hälfte davon geht dabei auf das Konto der privaten Haushalte, 30% auf die Landwirtschaft, 12% auf die Gastronomie und 5% auf den Handel. Warum das so ist & was man dagegen tun kann - wir haben nachgeforscht.

Zuerst die gute Nachricht: Wer beim Lesen der oben genannten Zahlen ein mulmiges Gefühl in der Magengrube bekommen hat, dem sei versichert: Jede/r einzelne von uns kann genug dazu beitragen, um dieser Verschwendung Einhalt zu gebieten. Und: Wer es gut macht, der kann pro Jahr bis zu 400 Euro sparen - laut einer Erhebung der Stadt Wien entspricht das nämlich umgerechnet dem Wert der weggeworfenen Lebensmittel pro Kopf und Jahr.

 

 

Kommen Sie, kaufen Sie!

Die Bilder von tonnenweise weggeworfenem Essen kennen wir alle. Laut Schätzung einer FAO-Studie landen innerhalb der weltweiten Lebensmittelproduktion pro Jahr etwa 1,3 Mrd. Tonnen an genießbaren Lebensmitteln auf dem Müll. Das liegt aber nicht (nur) an skrupellosen Händlern, die aus Profitgier und Spaß an der Sache bergeweise Getreide, Gemüse oder Mais im Meer versenken. Hier spielt vor allem der harte Preiskampf auf dem Weltmarkt eine tragende Rolle und dieser wiederum orientiert sich daran, wieviel jedem von uns gute Lebensmittel wert sind.

 

 

Der Wert des Essens

Die traurige Antwort darauf findet man in jedem beliebigen Supermarkt-Postwurf, der “sensationelle Tiefpreise” und Schnäppchen garantiert. Und ja - Lebensmittel sind in Österreich etwa um ein Viertel teurer als im EU-Durchschnitt. Da ist es für viele Menschen eine Erleichterung, beim Einkauf den einen oder anderen Euro zu sparen. Und da am freien Markt das “beste” Argument nun einmal der Preis ist, so ist es nicht verwunderlich, dass sich die großen Supermarkt-Ketten mit ihren Niedrigst-Preisen gegenseitig in Grund und Boden stampfen. Dies hat aber zur Folge, dass sich die Ernte und Weiterverarbeitung vieler Waren nur dann lohnt, wenn es sich dabei um beste “Kategorie A”-Lebensmittel handelt. Mit krummen Gurken und zu kleinen Erdäpfeln, die im Handel dann auch dementsprechend günstiger verkauft werden müssten, ließen sich die Produktionskosten kaum noch abdecken und so kommt es oftmals sogar billiger, diese zu entsorgen, anstatt sie zu ernten.

 

Ein weiteres, sehr bedenkliches Beispiel finden wir bei der Fischerei: Pro Kilogramm Meeresfisch entstehen bis zu 10 Kilogramm Beifang. Das entspricht pro Jahr etwa 38 Tonnen an Meerestieren, die durch unselektive und unnachhaltige Fischerei tot oder sterbend ins Meer zurückgeworfen werden. Und auch innerhalb der Fleischproduktion wird zu Gunsten billiger Preise aussortiert, was das Zeug hält. TV-Koch Mario Kotaska hat diese Problematik  in einem Interview mit der Zeitschrift “Gourmetwelten” ganz wunderbar auf den Punkt gebracht: “Der Verbraucher sollte sich vor Augen halten, dass es keine Qualität sein kann, wenn 100 Gramm Fleischwurst im Angebot 79 Cent kosten. Da muss man einfach nur seine Birne einschalten und im Supermarkt ein paar Gänge weitergehen in die Tierfutterabteilung. Da kostet Premium-Tierfutter € 1,29.”

 

Und auch Erwin Wagenhofer, Regisseur des Dokumentarfilmes “We feed the World”,  hat in Sachen Lebensmittelverschwendung einen sehr interessanten und gleichzeitig bestürzenden Vergleich angestellt: “In Wien wird täglich jene Menge an Brot als Retourware vernichtet, mit der die zweitgrößte Stadt Österreichs, das ist Graz, versorgt werden könnte.”

 

So weit, so bedenklich. Doch wie wir eingangs bereits erfahren haben, so machen den Löwen-Anteil dieser Verschwendung eindeutig die privaten Haushalte - also wir selbst - aus.

Die Ursachen dafür sind vor allem mangelnde Einkaufsplanung, schlechte Lagerung und Haltbarmachung und Missinterpretationen von Mindesthaltbarkeitsdaten. Aber auch das Essen außer Haus & damit einhergehende zu große Portionen, die dann nicht mit nach Hause genommen werden, läppern sich.

 

 

Trend in die Gegenrichtung

In einigen Ländern hat man dieses Problem bereits erkannt und es gibt auch schon die ersten Gegenmaßnahmen: In Frankreich etwa sind Supermärkte ab einer Verkaufsfläche von 400 Quadratmetern dazu verpflichtet, nicht verkaufte Waren günstig abzugeben, zu spenden,  beziehungsweise der Tierfutterproduktion zur Weiterverwertung zuzuführen. Und auch die USA wollen bis 2030 die Lebensmittelabfälle halbieren.

 

In Österreich gibt es noch keine groß angelegten Gegenmaßnahmen, obwohl es bereits einige öffentliche Auseinandersetzungen zum Thema gab. Dennoch kann jede/r einzelne von uns etwas dazu beitragen, um den Berg an verschwendeten Lebensmitteln drastisch zu minimieren:

  • nur das einkaufen, was man tatsächlich benötig
  • Genusskäufe in Grenzen haltem
  • durch die richtige Lagerung sind viele Lebensmittel länger haltbar - einfrieren ist hier oft eine gute Lösung
  • es heißt “mindestens haltbar bis” und nicht “garantiert tödlich ab”! Die meisten Lebensmittel (außer Fleisch und leicht verderbliche Waren - diese werden aber mit einem Verbrauchsdatum versehen) sind auch über das Mindesthaltbarkeitsdatum hinaus genießbar
  • Achtung bei Großpackungen: Verbrauche ich die 2+1 Gratis Packung tatsächlich?
  • Beim Kochen auf die Menge aufpassen. Zu viel Gekochtes gut einkühlen oder zu neuen Speisen weiterverarbeiten
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