Sportklettern in der Halle hat sich als Breitensport etabliert. Bewegung, Koordination, Kreativität, Wettkampf, Angstbewältigung, soziales Verhalten – all das beinhaltet der Klettersport. Mit steigenden Trainingszeiten hat jedoch auch die Zahl der Verletzungen und spezifischen Beschwerden stetig zugenommen.
NeueinsteigerInnen etwa, die binnen kurzer Zeit bereits hohe Schwierigkeitsgrade klettern, können sich Probleme an Sehnen und Gelenken einhandeln, da die Anpassung dieser Gewebe – im Gegensatz zu einem Muskel – Jahre braucht. Auch bei Kindern gilt, dass die Belastung nur über Jahre hinweg langsam gesteigert werden darf, um den entsprechenden Geweben die Anpassung daran zu ermöglichen.
In der Halle ist aufgrund der Kürze der Routen die Trainingsintensität meist sehr hoch, und die Erholungszeiten sind kurz; speziell das Bouldern stellt eine maximale Belastung dar.
Die klar erkennbaren Tritte verleiten oft dazu, die Fußtechnik zu vernachlässigen. Dadurch wird auch bei relativ großen Griffen unökonomisch viel Kraft aufgewandt, was gerade in der Halle häufiger zu Hand-Arm-Beschwerden führt. Beim Indoorklettern überwiegen Überlastungsschäden der oberen Extremitäten.
Oft werden die Grundregeln der sportmedizinischen Trainingslehre (Aufwärmen, Trainingsinhalte, Technik, Regeneration) missachtet, aber auch Übermüdung, Stürze, aufgestellte Finger, direkte Seileinwirkung beim Sichern (Fingertorsion, Verbrennung) und mangelhafte Sicherungstechnik führen beim Sportklettern zu Verletzungen.
Beim Training sollte ein wesentliches Augenmerk auf die Balance der Muskelkräfte gelegt werden. Sportartbedingt werden überwiegend Muskelgruppen der Körpervorderseite trainiert, was Fehlhaltungen und auch Fehlbelastungen der Wirbelsäule (Rundrücken, Halswirbelsäulenbeschwerden) begünstigt.
Es ist daher nicht nur dem Arm-Schulter-Bereich, sondern vor allem der hinteren Schultergürtel-, Bauch- und Rückenmuskulatur besondere Aufmerksamkeit zu widmen. Eine gut ausgebildete Rumpfmuskulatur mit dehnbaren, kräftigen Becken- und Beinmuskeln verhindert das Kippen des Beckens und somit das Entstehen eines Hohlkreuzes und Rundrückens sowie der damit verbundenen Beschwerden. Ein ausgewogenes Training sollte sowohl die beanspruchte Muskulatur als auch ihre Gegenspieler mit einbeziehen.
Vor jeder Belastung müssen der ganze Körper und die speziellen Muskeln auf Betriebstemperatur gebracht werden. Als Verletzungsprophylaxe sollte man sich immer konsequent aufwärmen und sich nach dem Training aktiv regenerieren, zum Beispiel in deutlich leichteren Routen locker ausklettern.
Dehnungsübungen (statische oder dynamische) halten die Muskeln geschmeidig und fördern deren Erholungsfähigkeit. Darüber hinaus ist ein allgemeines Ausdauertraining nötig. Hat man eine gute Ausdauer, hat man auch bessere Kompensations- und Regenerationsmöglichkeiten.
Text und Fotos: Dr. Günther Straub, Facharzt für Sportmedizin, Unfallchirurgie und Handchirurgie