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Mehr Bewegungsfreiheit für Kids

Rennen, Herumtoben, Springen, Ballspielen – Schnee von gestern? Keineswegs! Nur haben vor allem die Kinder und Jugendlichen in der Stadt oft keine Möglichkeit, ihren Bewegungsdrang auszuleben. Natürlich gibt es Spiel- und Sportplätze. Doch die Kids wollen auch woanders unterwegs sein und sich unabhängig von Vereinstrainingszeiten mit anderen treffen und Bewegung machen.

Bei der Gestaltung von Städten und ländlichen Siedlungen schaffen die Erwachsenen viel Raum für ihre Leidenschaften wie Autofahren oder Einkaufen. Zudem ist der städtische Boden sehr teuer und soll sinnvoll genutzt werden. Überhört werden bei den Planungen die jungen Menschen, deren Alltag stark eingeschränkt wird. Kinder und Jugendliche werden oft mit ein paar inselhaften und spezialisierten Räumen wie Spielkäfigen und öffentlichen – meist sehr eintönigen – Grünanlagen abgefertigt. Doch sie brauchen auch die Möglichkeit, sich frei zu bewegen. Kinder verbringen einen Teil ihres Alltags auf ihren Wegen, zum Beispiel zwischen Wohnhaus und Schule. Spannend sind für Kinder Wege, die sie selbstständig und unbeaufsichtigt bewältigen dürfen, wo Neues entdeckt und spontan getobt werden kann und wo soziale Interaktionen mit der Welt erprobt werden können. Die Straßen und Wege, die von den Kindern bespielt und zu ihrem „Heimatraum“ gemacht werden, müssen keine Besonderheiten aufweisen und werden von Außenstehenden vielleicht sogar als „nicht schön und liebenswert“ angesehen. Doch für Kinder können die von ihnen genutzten Straßen Orte sozialer Kontakte sein und ihnen Bedürfnisbefriedigung sowie Rückzugsmöglichkeiten bieten. Aufgrund der Verkehrssituation und Planung sind bespielbare Wege allerdings oft nur mehr eine Wunschvorstellung.

 

Kinder finden auch auf sogenannten Gstetten wunderbare Abenteuerspielplätze: Da gibt es Gehölz und Gebüsch, vielleicht sogar einen Baum zum Klettern, und viele schöne und „grausliche“ Tiere. Auch wir Erwachsenen könnten auf urbanen Gstetten – vielleicht mit einem Bestimmungsbüchlein – seltene Pflanzen- und Tierarten entdecken. Durch die Handlungen und Fantasien der Kinder erhalten Orte neue Funktionen; was vorhanden ist, widmen die Kids zu Spielmöglichkeiten um.

 

Vor allem für Jugendliche sind ungenutzte Flächen wie leere Baugründe oder landwirtschaftliche Randflächen etwas Besonderes. Hier können Freunde getroffen werden, man kann sich von der Erwachsenenwelt zurückziehen, sich dieses Umfeld nach den eigenen Bedürfnissen gestalten und Spuren hinterlassen, ohne dass diese gleich als Vandalenakte bewertet werden. Diese jugendlichen Aneignungsprozesse sind allerdings nicht in Räumen möglich, deren Nutzungsfunktionen durch ihre Ausstattung bereits streng vordefiniert sind. Fehlen solche Fluchträume in der Stadt, hängen Jugendliche zu Hause am Computer ab oder, zum Schreck der Erwachsenen, auf der Straße. Da werden dann mit der Clique Bushaltestellen, Parkbänke und Straßenecken besetzt und ebenfalls nach eigenen Vorstellungen gestaltet, zum Beispiel mit mehr oder weniger künstlerisch wertvollen Graffitis.

 

Kinder und Jugendliche einbeziehen

Der Mobilitätsgewinn durch das Autofahren reduziert die Mobilität der Kinder. Wir Erwachsene sollten versuchen, die Welt der Kinder und Jugendlichen aus ihrer Perspektive zu sehen und zu verstehen, um ihnen Freiräume zu geben bzw. zu erhalten. Diejenigen, die planen und entscheiden, sollten den Mut haben und sich die Zeit nehmen, während eines Planungsprozesses auch Kinder und Jugendliche einzubinden. Auf diese Weise können deren Wünsche und Bedürfnisse berücksichtigt werden; dabei lernen die jungen Menschen auch, welche Wünsche umsetzbar und welche vielleicht zu teuer sind. Solche Beteiligungen gibt es derzeit beispielsweise in der Seestadt Aspern in Wien, wo Jugendliche ihre Freiräume selbst bauen.

 

Eine Aufwertung des Zu-Fuß-Gehens und des Radfahrens erleichtert Kindern und Jugendlichen autonomes, sicheres Handeln sowie Spielen und die Aneignung von Freiräumen. Von einem besseren Angebot an Fuß- und Radwegen sowie einem dichten öffentlichen Verkehrsnetz profitieren natürlich auch die Erwachsenen. Eltern ersparen sich dadurch vielleicht den einen oder anderen Hol- und Bringdienst und können die dadurch gewonnene Zeit ihren Kindern auf wertvollere Art widmen.

 

Text: Irene Raffetseder, Geschäftsführerin der Naturfreundejugend Österreich

Kinder und Jugendliche brauchen auch Plätze, wo sie unter sich sein können.
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