Österreich – das Vorzeigeland in Sachen Umwelt- und Naturschutz! Wirklich? Im Bereich biologische Landwirtschaft war Österreich wirklich ein Vorreiter und lag im EU-Vergleich lange vorne. Mittlerweile holen andere europäische Staaten auf, was positiv ist. Aber irgendwie bekommt man den Eindruck, dass sich die österreichische Politik auf ihren Lorbeeren ausruht. Das für den Sommer 2013 vorgesehene Energieeffizienzgesetz ist im Mai 2013 geplatzt und wird an die nächste Regierung weitergegeben. Gemäß einer EU-Richtlinie muss ein solches Gesetz aber spätestens am 30. Juni 2014 in Kraft treten. Wenn man positiv denkt, kann man hoffen, dass das Gesetz – in der jetzigen Form nicht sehr ambitioniert – von der neuen Regierung verbessert wird. Man wird sehen!
2011 wurden in Österreich 82,8 Mio. Tonnen CO2-Äquivalente emittiert (um die verschiedenen Treibhausgase vergleichbar zu machen, werden sie hinsichtlich ihrer Klimaschädlichkeit in CO2-Äquivalente umgerechnet) - das waren um 2,6 % bzw. um 2,2 Mio. Tonnen weniger als 2010.
Unter Berücksichtigung der Beiträge aus dem JI/CDM-Programm (Ankauf von Emissionsreduktionseinheiten) und der Bilanz aus Neubewaldung und Entwaldung wurde die im Kyoto-Protokoll festgeschriebene Maximalmenge an Treibhausgasen von 68,8 Mio. Tonnen CO2-Äquivalente nicht überschritten. Doch dafür musste Österreich in den Jahren 2008 bis 2012 Österreich insgesamt 600 Mio. Euro für den Ankauf von Zertifikaten aufwenden; das entspricht rund 80 Mio. Tonnen CO2-Äquivalente, also praktisch einer Jahresemission (!) in Österreich. Auch keine besonders rühmliche Tat der österreichischen Energiepolitik …
In Österreich und in den anderen Industrieländern wird immer mehr Energie verbraucht. Viele Menschen können es sich nur schwer vorstellen, auf die eine oder andere Annehmlichkeit oder gar auf das eigene Auto zu verzichten. Dabei ist es noch nicht einmal eine Generation her, als die Gesellschaft mit viel weniger ausgekommen ist und doch ein bequemes Leben hatte. Ständig wird behauptet, dass die Wirtschaft wachsen muss, es ohne Wachstum keinen Fortschritt und Wohlstand geben kann. Aber je stärker das Wachstum, umso mehr wird konsumiert und desto mehr Energie wird verbraucht. „Ein unbegrenztes Wachstum in einem begrenzten Raum führt unausweichlich zum Kollaps“, betont die Klimaexpertin Univ.-Prof. Dr. Helga Kromp-Kolb.
Der Umbau des Energiesystems auf die Nutzung erneuerbarer Energien allein ist für eine erfolgreiche Energiewende und für das Erreichen der nötigen Klimaschutzziele zu wenig. Man muss daher auch die Energieeffizienz steigern und vor allem den Energieverbrauch drastisch senken. Das ständige Steigen des Energieverbrauchs ist kein Naturgesetz. Um den Energieverbrauch einzudämmen, bräuchte man allerdings ausreichende gesetzliche Vorgaben - sowohl für die Wirtschaft als auch für den privaten Sektor.
Energiesparen bedeutet auch das Sparen von Ressourcen. Weniger Kleidung kaufen, regionale Bionahrungsmittel verwenden, keine Lebensmittel wegwerfen, kaputte Sachen reparieren lassen, statt sie wegzuwerfen, mehr zu Fuß gehen oder mit dem Rad fahren, usw. Das alles trägt dazu bei, weniger Energie zu verbrauchen.
Auch der sogenannte Reboundeffekt gehört unterbunden. Man spart zwar bei der Produktion z. B. beim Material- oder Energieverbrauch, dafür steigt die Zahl der hergestellten Güter. Schon ist die Ersparnis weg, und es wird im Endeffekt mehr verbraucht als vorher.
„Der einzige Wert, der universell Akzeptanz findet, ist Wachstum“, meint Univ.-Prof. Dr. Helga Kromp-Kolb. „Aber können wir es uns überhaupt noch leisten, diesen Wert beizubehalten?“ Die Naturfreunde plädieren für einen Wertewandel, für eine Ablöse des Wachstumsgedanken. Es muss ein Wandel hin zu Ressourcen- und Umweltschonung stattfinden. Dieser Wandel muss keinen Verzicht auf ein erfülltes Leben bedeuten. Er sollte als Chance für mehr globale Gerechtigkeit und ein gesünderes, schadstoffärmeres Leben verstanden werden. Wir müssen versuchen, bewusst zu konsumieren. Das Glück, das beim unreflektierten Konsum vor allem von Luxusgütern erlebt wird, ist ein flüchtiges. Der Volkswirt Niko Paech meint dazu: „Die Zahl der Konsummöglichkeiten steigt ständig an; da der Tag aber nach wie vor nur 24 Stunden hat, wird die Zeit zum Ausschöpfen und Genießen der neuen Konsumgüter immer kürzer. Daraus folgt ein ständig steigender Konsum bei stagnierendem Glück.“ Diese Entwicklung ist nicht erstrebenswert und ein Umdenken eigentlich einfach, weil es im Prinzip bedeutet: Weniger Konsum bringt mehr Glück!
Fakt ist, ohne Energiewende steuert die Welt auf eine kaum zu bewältigende ökologische und soziale Katastrophe zu. Jede(r) einzelne von uns muss daher auch etwas zu einer Trendumkehr beitragen. Nachdem die Politik nicht oder nur sehr langsam reagiert, muss der Druck Richtung Energiewende und Klimaschutz von der Bevölkerung kommen, die über diese Bereiche möglichst gut informiert sein sollte.
Text: DIin Regina Hrbek, Leiterin der Natur- und Umweltschutzabteilung der Naturfreunde Österreich