Das Montafon liegt im Süden des „Ländle“; es ist ein 39 km langes Tal, das bei der Bezirkshauptstadt Bludenz abzweigt und von der Ill durchflossen wird. Im Norden wird das Alpental von der Verwallgruppe und im Süden vom Rätikon und der Silvretta begrenzt. Unweit der Schweizer Grenze gibt es Siedlungen bis auf 1430 m Höhe, und die Berge mit dem Piz Buin als höchstem Gipfel erheben sich bis auf 3312 m. Die elf Orte im Montafon liegen in einer herrlichen Landschaft und zeichnen sich durch Kultur und Tradition aus. Das Montafon ist eine wahre Schatzkammer historischer Begegnungen und bietet einen spannenden Einblick in die Natur- und Sagenwelt; die Kirchen, Hütten und Bergwerke entlang der Wander- und Bikerouten erzählen ihre eigene Geschichte.
Heuer wollen mein Mann und ich in einem Montafoner Bikehotel unter dem Motto „Alles tun können, nichts tun müssen“ Urlaub machen. Im Montafon warten 860 Bike-Kilometer auf uns, darunter steile Waldwege, zähe Forststraßen, lässige Trails und rassige Abfahrten, die allesamt je nach Belieben kombiniert werden können. Insgesamt weisen 600 Schilder den Weg über die Silvretta, die Verwallgruppe und das Rätikon. Damit wir auch mit Sicherheit die richtige Tour für uns auswählen und die Herausforderung nicht zur Überforderung wird, haben wir uns dafür entschieden, das Montafon gemeinsam mit einem Bikeguide zu erkunden.
Am ersten Ferientag begrüßt uns Markus mit einem strahlenden Lächeln bereits am Frühstückstisch. Er ist staatlich geprüfter Mountainbike-Trainer und Leiter der Bikebasis Montafon. Seit Markus 18 ist, radelt er kreuz und quer durch das Montafon und kennt die Region wie kein anderer. Deshalb ist es für ihn auch ein Leichtes, uns bei der Tourenwahl zu helfen.
„Ein Muss für jede Mountainbikerin und jeden Mountainbiker ist die mittlere Strecke des, M³ Montafon Mountainbike Marathon‘ mit 65 km und 2400 Höhenmetern. Da bekommt jede(r) etwas geboten!“, fängt Markus gleich mit der Tourenplanung an. „Zum Einstieg können wir aber auch gerne die kürzeste M3-Strecke fahren“, meint er mit einem Schmunzeln, als er meinen entsetzten Gesichtsausdruck sieht. Die M1ist mit 26 km zwar die kürzeste Strecke, jedoch keinesfalls zu unterschätzen. Die Strecke führt von Schruns über Tschagguns nach Vandans. Nach dem Anstieg nach Matschwitz können wir uns auf eine rasante Talfahrt von Latschau über Bitschweil zurück nach Schruns freuen. In Summe macht das 970 Höhenmeter, die für mich als Genussbikerin völlig reichen.
Markus macht die Biketour zu einem echten Erlebnis. Denn neben seiner Erfahrung und Bikekompetenz verfügt er über eine sattelfeste Portion Humor und weiß viele spannende Geschichten aus seinem Bikeralltag zu erzählen. Gemeinsam mit seinen Guides von der Bikebasis ist er 16 Stunden am Tag bemüht, die Wünsche der bikefreudigen Gäste zu erfüllen.
Wer im Montafon Urlaub macht, merkt schnell, dass man hier zum echten Genießer wird - und das nicht nur, wenn es um Bergerlebnisse geht. Im Montafon werden die Bergwiesen mit großem Einsatz bewirtschaftet, und wir lassen uns von den leckeren landwirtschaftlichen Produkten gerne verwöhnen. Bei unserer Hütteneinkehr bestellen wir Brot, Bergkäse, Hauswürste, Sura Kees (= Montafoner Sauerkäse), eingelegten Knoblauch und Quittenkäse. Während wir uns mit Heißhunger darüber hermachen und die heimischen Köstlichkeiten genießen, lauschen wir den Geschichten des Hüttenwirts. „Wir Montafoner stellen den Sura Kees bereits seit dem 12. Jahrhundert her, er ist eine regionale Spezialität“, erzählt der alte Mann mit einem gewissen Stolz in den Augen. Uns schmeckt jedenfalls der mild-aromatische Magerkäse, der im Montafon auch für die Zubereitung von Käsespätzle verwendet wird.
Während des Essens macht uns Markus Touren für die Folgetage schmackhaft. „Wie wäre es zum Beispiel mit einer Tour ins Hochgebirge?“ Bevor ich wieder eine entsetzte Miene aufsetzen kann, fährt Markus fort: „Die Silvretta-Bike-Safari-Tour passt auch für nicht ganz so starke Biker, weil man mit der Vermuntbahn bis zur Bergstation Trominier auf rund 1700 m Höhe fährt. Von dort geht es durch den Trominiertunnel und dann zur Silvretta-Bielerhöhe.“ Hier, auf dem höchsten Punkt der berühmten Silvretta-Hochalpenstraße (2037 m), wird man mit einem atemberaubenden Blick auf den Piz Buin und die drei Stauseen Vermunt, Silvretta und Kops belohnt. Durch das wildromantische Ganifer kehrt man zurück ins Tal.
Eine andere Tour könnte man auf dem Bartholomäberg, dem Sonnenbalkon des Montafons, unternehmen: Für diese 40 km lange Singletrail-Tour mit 1200 Höhenmetern sollte man ca. 5 Stunden einplanen. Sie gilt allerdings als anspruchsvollste Tour der Region und ist nur Geübten zu empfehlen.
Zu den längsten und schönsten Touren im Montafon zählt die Hütten-Tour. Nach einer leichteren Aufwärmphase bis Partenen folgt der Aufstieg durch das Ganifertal, vorbei an der Verbellaalpe zur Heilbronner Hütte. Wunderschön leuchtende Berg- und Stauseen sowie die unberührte Natur des Valschavieltales begleiten einen während der Abfahrt.
Perfekt für Familien ist die „Biketour Kapell“ in der Silvretta Montafon, weil man sie so gemütlich oder anspruchsvoll gestalten kann, wie man möchte. Keinesfalls entgehen lassen sollte man sich ein stärkendes Biker-Menü im Kapellrestaurant (1850 m)!
Wir entscheiden uns schließlich für „Bike & hike“ und wollen am nächsten Tag das Kreuzjoch (2261 m) am Golmer Grat mit dem Rad und per pedes „bezwingen“. Gespannt, was uns erwartet, kommen wir am nächsten Morgen zur Mountainbike-Basis. Markus gibt einer Gruppe junger Männer, die sich auf eigene Faust auf den Weg macht, noch ein paar Tipps, bevor wir loslegen können. Unsere Tour beginnt auf einer der besten MTB-Routen des Tals: Wir fahren über Vandans, Maisäß Ganeu und Matschwitz nach Golm/Grüneck bis auf ca. 1500 m Höhe. Hier haben wir einen beeindruckenden Blick ins Verwall-Gebirge und auf die Talsohle des Montafons. Nun geht es zu Fuß zum Kreuzjoch-Gipfel weiter. Nach gut sechs Stunden und 1700 Höhenmetern gibt es nach dem Abstieg genügend Möglichkeiten zum Einkehren und Relaxen. Und das haben wir uns auch redlich verdient!
Das Montafon ist für Bikerinnen und Biker, die großen Wert auf Individualität legen, ein wahres Schmuckkästchen. Vom Radweg entlang der Ill bis hin zu Touren mit fast 3000 Höhenmetern finden sowohl Genießer als auch FahrerInnen, die auf Muskelkater und viel Schweiß stehen, ideale Routen.
Das Montafon ist aber nicht nur ein Urlaubsparadies, sondern auch eine perfekte Trainingsstätte: Im Mai 1012 bereitete sich hier zum Beispiel die spanische Fußballnationalmannschaft auf die bevorstehende Europameisterschaft vor; bereits 2010 trainierte sie im Montafon für die Weltmeisterschaft in Südafrika, bei der sie sich auch den Titel holte. Also, worauf warten Sie noch? Überzeugen Sie sich selbst! Auch Sie werden von den vielen Möglichkeiten im Montafon begeistert sein.
Text: Lisa Unterganschnigg
Den kompletten Artikel finden Sie im Naturfreund 3/2012 und in den Downloads.