Text: Gerhard Schaar, Kletterer aus Leidenschaft, Buchautor
Die 14,4 km lange Malta-Hochalmstraße ist das Tor zu den tollen Massiven im Hinteren Maltatal. AnfängerInnen, Familien, Hobbykletterinnen und -kletterer sowie Kletterfreaks finden hier von 900 bis über 3000 m Seehöhe hinaus ein geniales Betätigungsfeld. Vor allem im Sommer, wenn es in den meisten Gebieten Österreichs zu heiß ist, pilgern Kletterhungrige ins Maltatal.
Wie aufgefädelt liegen die einzelnen Kletterperlen entlang des Weges hinauf zur Kölnbreinsperre (1933 m), der höchsten Staumauer Österreichs; am Ufer des Stausees steht das Berghotel Malta. Das größte Massiv zum Sportklettern ist die Lackenkopfwand. Mit den umliegenden Sektoren erfüllt sie alle Kletterwünsche: sowohl für AnfängerInnen und Familien als auch für Könner. 50 Routen von 4a bis 7c in perfektem Granitgneis erwarten einen hier. Und der Blaue Tumpf, ein riesiger Pool mit kristallklarem Gebirgswasser, lädt an heißen Tagen zum Baden ein.
Ein kleines Stück weiter liegen die „Bockplatten“ mit der vielleicht schönsten Mehrseillängen-Plattenroute in den Ostalpen: „Fake Dike“ verläuft über weite Strecken an einer genialen hervorstehenden Quarzader. Die Linie im Grad 6a+ sucht an Schönheit und Einzigartigkeit weit und breit seinesgleichen. Auch die anderen Plattenrouten bieten 1-a-Kletterei, für die man sonst in die Westalpen (z. B. ins Val di Mello) fahren muss.
Rund um die Kölnbreinsperre befindet sich mittlerweile das extrem lohnenswerte Konglomerat aus dem Gebiet „Gatekeeper“, der Kleinen und Großen Seenplatte, der Kletterarena „Damn High“ und den Schönegg-Wänden. Über 50 Sportkletterrouten und acht leichte Platten-Mehrseillängenrouten warten hier im Angesicht der imposanten Kölnbreinsperre aufs Klettervolk. Nirgendwo sonst wird es deutlicher, wie sich das Maltatal in den letzten Jahren zu einem idealen Gebiet für AnfängerInnen entwickelt hat. Hier sind 80 % der Routen leichter als 6b, mit einem großen Angebot an Mehrseillängen im 5. Grad.
Vor allem die Kletterarena „Damn High“ hat viel zur Attraktivität des Gebietes für Familien beigetragen. Mit den vielen leichten Routen, die vom flachem und lieblichen Wandfuß aus erschlossen wurden, finden neben Mama und Papa auch die Kids ein ideales Massiv vor. Der neue Klettersteig für AnfängerInnen ergänzt die Kletterinfrastruktur im Tal perfekt.
Am Südabhang des Großen Hafners (3075 m) liegt die sonnenverwöhnte Kattowitzer Hütte. Das Areal rund um die Hütte hat sich dank der Initiative des deutschen Alpinautors Kai Maluck zu einem wunderbaren Kletterspot entwickelt. An den umliegenden Blöcken und Platten findet man fast 30 Sportkletterrouten und Toprope-Linien vor. Ergänzt werden die Möglichkeiten durch drei einfache Mehrseillängenrouten mit einigen Zwischenhaken und gebohrten Ständen. Zwei davon inklusive Besteigung des Hafners - so sexy kann alpines Klettern sein. Zumal der wiederentdeckte Hafner-Westgrat eine weitere lohnende Unternehmung im 4. Grad ist.
Was das Klettern hier oben so besonders macht, ist das fantastische Panorama. Vom Gipfel des Hafners sieht man an schönen Tagen vom Triglav in Slowenien über den Mangart in Italien bis hin zum Großglockner und Dachstein alle bedeutenden Gipfel der Ostalpen.
Was Kletterinnen und Kletterern auch noch auffallen wird, sind die massiven grauen Granitpanzer auf der gegenüberliegenden Talseite am Hochalmspitz-Massiv. Es sind die genialen Platten des Langkars - das beste „bekannte Geheimnis“ in der Geschichte des Plaisirkletterns in Österreich.
Vom Parkplatz beim Berghotel Malta erreicht man über die Kölnbreinsperre das wunderschöne Langkar. Während sich im Tal ein kristallklarer Bach durch den grünen Karboden schlängelt, windet sich bergseitig eine etwa 1 km lange und bis zu 200 m hohe Granitplatte empor. An ihr findet man mehr als 20 geniale alpine Sportkletterrouten mit bis zu acht Längen sowie 15 Sportkletterrouten, allesamt überwiegend im anfängerfreundlichen Bereich (3.-6. Grad).
Die extrem hohe Felsqualität, die geringe Neigung und die Schönheit der Landschaft machen das Langkar in Kombination mit der extrem leichten Erreichbarkeit zu einem absoluten Plaisir-Topgebiet für den Sommer. Das nahe Berghotel bietet zudem eine hervorragende Basis, von der man täglich zu Fuß aufbrechen kann. Ein Kletterbekannter brachte es kürzlich in Anspielung auf die Plaisir-Granitplatten am weit entfernten Grimselpass auf den Punkt: „Die Westalpen beginnen jetzt im Maltatal!“
Die letzte Kletterdimension, die „Plaisir hoch vier“ vervollständigt, sind die selbst abzusichernden Alpinrouten. Hier nehmen die 3360 m hohe Hochalmspitze und ihre Nebengipfel unangefochten die Vorreiterrolle ein. Der „Winterleitengrat“ (3a) und der „Hochalmspitz-Südgrat“ (5c) sind hier die bekannten Ultraklassiker. Weniger bekannt dürften die vielen, nicht weniger spektakulären Alpinrouten sein, die in den letzten Jahren entstanden sind bzw. neu entdeckt wurden: Dazu zählen u. a. der „Traumfänger“ (6a) neben dem Südpfeiler, der Westgrat (5a) des Großelendkopfs (3317 m) und die „Langkarschneid“ (4a). Und im Lassacher Winkel an der Nordwestseite der Hochalmspitze ist mit „Range of Light“ (6b+, 400 m, 14 Seillängen) die längste und schwierigste Alpinroute im Maltatal entstanden. Zudem wurden hier weitere Erstbegehungen gemacht und zwei alte „vergessene“ Routen behutsam saniert. Die Routenbeschreibungen findet man in der im Herbst 2018 erscheinenden Neuauflage des Kletter- und Boulderführers „Maltatal“ (siehe Infobox, rechts).
Es sind aber nicht nur die tollen Möglichkeiten in den vier Kletterdisziplinen (Anfänger-, Genuss-, Platten- und alpines Sportklettern), die „Plaisir hoch vier“ im Maltatal ausmachen. Wenn man es zulässt, erreicht einen hier beim Klettern um und im Nationalpark Hohe Tauern die Botschaft der Berge. Wer diese aufmerksam aufnimmt, dem erschließen sich die vier seelenwärmenden Erlebnisdimensionen der inneralpinen Landschaft: Raum zum Entfalten der Gedanken, Entschleunigung durch das innerliche Ruhigwerden, das Finden eines Fokus im Hier und Jetzt sowie das achtsame und bewusste Handeln rund ums Klettern.
Das Gefühl, ganz lebendig zu sein, auch wenn man müde ist. Leicht und kraftvoll zugleich. Frei und doch wieder im Moment und in einer Felswand „gefangen“. Es sind diese Erfahrungen, die weit über das reine Klettern hinausgehen und so viele Menschen beim Klettern in ihren Bann ziehen. Im Maltatal hat die Häufigkeit und Selbstverständlichkeit, mit der BesucherInnen diese Qualität des Seins erreichen, eine ganz eigene Dimension. In dieser einmaligen Qualität sind die Faszination des Kletterns im „Tal der stürzenden Wasser“ und seine mittlerweile große Popularität begründet.
Wer sie noch nicht erleben konnte, sollte sich auf den Weg ins Maltatal machen. Er wird „Plaisir hoch vier“ finden. Bei wunderbarer Kletterei und vor allem tief in sich selbst!
Beste Kletterzeit
Die beste Zeit zum Klettern im Hinteren Maltatal sind der Sommer und Herbstanfang. Ab der Öffnung der Malta-Hochalmstraße im Mai kann man die Gebiete entlang der Straße besuchen. Bis Ende Oktober herrschen oft perfekte Bedingungen. Nach schneereichen Wintern sind die Platten im Langkar oft noch bis Ende Juni nass.
Malta-Hochalmstraße
Für die Mautstraße besorgt man sich am besten eine Kärnten Card, dann ist die Fahrt gratis; Personen im Fahrzeug ohne Kärnten Card zahlen 5 €. Mit der Kärnten Card können zudem mehr als 100 Ausflugsziele in Kärnten gratis besucht werden.
Weitere Infos: www.kaerntencard.at
Unterbringung
Das Berghotel Malta (geöffnet von Mitte Mai bis ca. Ende Oktober) ist zentral gelegen; von hier ist man im Nu in allen Klettergebieten.
Weitere Infos: www.berghotelmalta.at
Die Gebiete an der Hochalmspitz-Südseite erreicht man über den Gößgraben, einem Seitental des Maltatals; von dessen Ende gelangt man in ca. 2 Stunden Gehzeit zur Gießener Hütte (geöffnet von Mitte Juni bis Ende September).
Tourismusinfos, Kletterkurse und Kletterführer
Auf www.maltatal.rocks gibt es alle relevanten Infos rund ums Klettern in der Region sowie zu Unterkünften in Malta und Gmünd. Hier kann man sich auch für Kletterkurse anmelden und die erweiterte 2., Auflage des Kletter- und Boulderführers „Maltatal“ von Gerhard Schaar vorbestellen, die im Herbst 2018 im Panico Alpinverlag erscheinen wird. Der aktualisierte Führer wird auch Beschreibungen neuer Kletter- und Bouldergebiete in der Region Millstätter See und im Mölltal bieten.
www.maltatal.rocks
Betretungsverbot von Dezember bis März
Erholungsuchende werden zunehmend aus Naturräumen verbannt. In Teilen des Maltatals wurde - unter Protest der alpinen Vereine - ein Wildschutzgebiet ausgewiesen, in dem von Dezember bis März ein Betretungsverbot gilt. Die Naturfreunde appellieren an alle, die gerne (sportlich) in der Natur unterwegs sind, gewisse Verhaltensregeln einzuhalten. Nur so ist ein konstruktives und respektvolles Miteinander zwischen Erholungsuchenden sowie Grundeigentümerinnen und -eigentümern möglich.
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