Text: Marlies Czerny, Alpinautorin, Fotos: Andreas Lattner
Mit Sehenswürdigkeiten ist das so eine Sache: Man ist mit ihnen selten alleine. Erhöhte Chancen auf einsame Stunden hat man am Meletzkigrat auf der Nordseite in Kärnten. Mitzubringen ist eine große Portion Kondition. Die Kletterei wird nicht diffiziler als am Normalweg, auf den man im oberen Teil trifft, der zweite Grad muss jedoch sitzen. Von der Kaiser-Franz-Josefs-Höhe geht’s hinunter auf die Pasterze, Österreichs (noch) größten Gletscher. Einmal eingefädelt am Grat, wartet anregendes Blockgelände, bis man unter dem Glocknerleitl idealerweise trittfesten Firn erwischt. Die Erzherzog-Johann-Hütte bietet sich zur Erholung vor dem Grande Finale über den Kleinglockner an. Für den Abstieg über den Hofmannsweg wichtig: Gletscherkenntnisse.
Schwierigkeit: II
Toureninfo: 6 Std. Kletterzeit/2400 Hm gesamt
Kurzweilig und knackig, einsam und entlegen: Der anspruchsvolle Nordwestgrat ist mehr als eine Alternative zum Stüdlgrat und lässt sich ebenso von der Stüdlhütte erreichen. Hier lernt man den Glockner von einer ursprünglicheren, aber ebenso schneidigen Seite kennen - gute Firnverhältnisse sind Voraussetzung. Denn Würze und Abwechslung verleiht der Tour ihr Zustieg über eine 45 bis 50 Grad steile Rinne in die Untere Glocknerscharte oder mit einer Querung in die näher am Gipfel liegende Grögerschneide. Hier wird man selten Wegbegleiter*innen treffen, bis einem das Gipfelkreuz aus dem Jahr 1880, das seit Februar unter Denkmalschutz steht, entgegenlacht. Mit einem Foto am höchsten Wahrzeichen Österreichs darf man sich auch selbst ein Denkmal setzen.
Schwierigkeit: III+/IV Fels, 50 Grad Firn/Eis
Toureninfo: 6 Std. Kletterzeit/1880 Hm gesamt
Er ist der berühmteste Grat am Glockner und zu Recht heiß begehrt: In einer idealen Linie führt der Stüdlgrat von der Tiroler Südseite aufs Dach Österreichs. Wie eine Himmelsleiter, bei der man sich über 400 Höhenmeter durchgehend im zweiten und dritten Schwierigkeitsgrad anhalten muss. Als Stützpunkt bietet sich nach dem Start beim Lucknerhaus die Stüdlhütte an, die man früh morgens kulinarisch bestens versorgt in Richtung Teischnitzkees verlässt. Am Grat aus Granit helfen Bohrhaken zur Absicherung und Orientierung – an der plattigen Schlüsselstelle unter einem Überhang gibt es sogar ein Fixseil. Dennoch dürfen die Kletterei, die saugende Tiefe und das hochalpine Terrain nicht unterschätzt werden. Einsteigen nur an stabilen Tagen!
Schwierigkeit: III+
„Kling, Glöckchen, …“ Wer die gesamte Glocknerwand bis zum höchsten Punkt Österreichs auf 3798 Metern überschreitet, bei dem klingelt es in einer Tour voller Gipfel- und Gratmomente. Wie an einer Perlenkette reihen sich elf Dreitausender aneinander, die man allesamt überklettert und sich dazwischen auch abseilt – von der Hofmannspitze über den Draschturm, vom Teufelshorn übers Glocknerhorn hinüber zum Nordwestgrat. Die Schlüsselstelle wartet im vierten Grad. Von der Stüdlhütte quert man im Zustieg über das spaltenreiche Teischnitzkees. Retour geht’s über den Normalweg. Wer spät dran ist, nächtigt besser auf der Adlersruhe. Eine Tour für fortgeschrittene Alpinistinnen und Alpinisten, eine der großen Gratklettereien in den Alpen.
Schwierigkeit: IV
Toureninfo: 8 Std. Kletterzeit/2300 Hm gesamt
Wichtig: Bei allen Graten, auch beim Normalweg, handelt es sich um anspruchsvolle Hochtouren, für die sowohl im Gletschereis als auch im Granitfels gute Techniken und Kenntnisse Voraussetzung sind. Wer die Touren und Ausblicke mit Sicherheit genießen möchte, bucht am besten eine Bergführerin oder einen Bergführer.