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Genussradeln im Waldviertel

Während alles Sein aus vier Elementen besteht, „finden die Waldviertler erst mit sieben Elementen (Wasser, Stein, Erpfe, Wald, Mohn, Bier und Karpfen) das Auskommen“, behauptet der Schriftsteller Thomas Sautner. Wir machen uns auf die Suche nach den Waldviertler Inhaltsstoffen – auf zwei Rädern, mit der Familie und jeder Menge Genießerfreuden.

Text und Fotos: Thomas Rambauske, ehemaliger Chefredakteur des Magazins „Land der Berge“, Betreiber von www.bergnews.com

 

 

Wasser und Bier

Mächtige Flüsse wie der Kamp, die Thaya oder die Zwettl durchziehen die Waldviertler Landschaft wie Lebensadern. Dazwischen liegen geschätzte vierzehnhundert Teiche.

Die Zwei-Flüsse-Radtour (2 Std., 100 Hm, 14,5 km, leicht) führt durch das malerische Zwettltal und entlang des Kamps zu traumhaft idyllischen Uferpassagen. In der Brau- und Kuenringerstadt Zwettl lässt sich ein zusätzliches Element erkennen, auf dem das Waldviertel aufgebaut scheint: uralte Städte. Penibel gepflegte Barock- und Renaissancegebäude, Wehrtürme und mittelalterliche Stadtmauern bezeugen die ebenso alte Liebe der Waldviertler Bevölkerung zu ihren Lebensräumen. Es ist auch eine Stadtmauer aus dem 15. Jahrhundert, die uns den Weg aus Zwettl zur Zwettl weist. Genießerisch folgen wir dem leicht bräunlich gefärbten, ruhig dahinziehenden Fluss und gelangen bei Syrafeld in eine offene Feldlandschaft. Kurz nach Gschwendt wechseln wir ins nicht minder stille und beschauliche Kamptal – ein Traum für Fans naturbelassener Feuchtgebiete. Steile Felswände über saftig grünen Uferpromenaden, gurgelnde Stromschnellen und romantische Flussbuchten, die zum Plantschen einladen. Zurück in Zwettl sollten wir in einer der Gaststätten auf die Tour anstoßen – mit Bier versteht sich, dem hiesigen Lebenssaft, der wirklich durch und durch nach Waldviertel schmeckt! Prost!

 

Wald und Stein

Es sind zwei typische Waldviertler Elemente, die um Schrems, Gmünd und Weitra zuhauf vorkommen: dichte Wälder und sogenannte Restlinge - von der Witterung abgeschmirgelte Überbleibsel des granitenen Untergrundes. Der Wackelsteinweg (2 Std., 170 Hm, 18 km, leicht) führt von Schrems zu manch märchenhaften Orten, wo die Phantasie für die schönsten Abenteuer sorgt. Gleich nach Schrems und einem Teich tauchen wir in dichten Wald ein. Erstmals begegnen wir hier riesigen runden Granitblöcken, die wie von mächtiger Hand hingewürfelt im Wald liegen. Zu einer besonders seltsamen Formation gelangen wir vor Amaliendorf. Weil sich an ihr die Form eines Hamburgers erkennen lässt, nennen ihn die Einheimischen liebevoll „Kas im Loab“. Eine Tafel erklärt augenzwinkernd, dass es sich bei diesem Millionen Jahre alten Steingebilde „um den ersten und ältesten Cheesburger der Welt“ handle. Von wegen in Amerika erfunden!

Ein Stück weiter kommen wir zum vermutlich letzten wirklich wackelnden Wackelstein des Waldviertels: Das drei Meter hohe, einem Helm ähnelnde  Naturdenkmal soll 105 Tonnen wiegen. Wer das Bröckerl bewegen will, muss an der richtigen Stelle ansetzen, heißt es – wir haben es nicht geschafft.

 

Mohn und Erpfe

Nirgendwo werden der „Erpfe“, der Erdapfel, und Mohn so variantenreich eingesetzt wie in der Waldviertler Küche: für Knödel, Strudel, Nudeln oder köstliche Mohnzuzler. Heller „Mohnsinn“ herrscht in und um Armschlag, wo der Mohn wie nirgendwo anders geliebt, gelebt und gefeiert wird. Im Sommer bilden hier zahlreiche weiß, rosa und rot gesprenkelte Mohnfelder eine farbenprächtige Kulisse.

 

Abwechselnd die Krems begleitend, durch angenehm kühlen Schattentann und entlang von Mohnfeldern gelangen wir auf der „Mohn-Strecke“ (1,5 Std., 250 Hm, 20 km, leicht) zum Sallingberger Teich und nach Sallingberg, den „Berg der Seligen“, wie man den Ort vor 900 Jahren nannte. Danach führt uns die leicht ansteigende Landstraße über Wiesen und Felder auf den Heubachkogel und zu weiteren farbenprächtigen Mohn- und Kartoffelfeldern. Über Grafenschlag geht es nach Hausmühle und Langschlag. Im Tal der Großen Krems passieren wir ein Biotop, müssen eine kleine Walderhebung bewältigen und kehren nach wenigen Pedaltritten ins „Mohndorf“ Armschlag zurück, wo uns jede Menge mohnsinnig guter Belohnungen erwartet.

 

Karpfen und Radeln

Auch der Karpfen gehört zu den Leibspeisen der Waldviertlerinnen und Waldviertler – was eingedenk der mehr als tausend Teiche nicht verwundert. Einige davon liegen an der lohnenden Teiche-Tümpel-Tour (4,5 Std., 400 Hm, 40 km, mittelschwer), die von Geras über das Hochplateau des Waldviertels nach Langau, Riegersburg und zu den Anglerteichen von Hessendorf führt.

 

Der Startpunkt dieser abwechslungsreichen Teichradlerei liegt beim sehenswerten Prämonstratenser-Chorherrenstift Geras, das von acht klostereigenen Karpfenteichen umgeben wird. Ob gebacken, gebraten oder als Suppeneinlage – der hier gezüchtete Biokarpfen gehört zu den begehrtesten Delikatessen (nicht nur) des Waldviertels. Und das trotz seiner eher unappetitlichen Lebensweise: Der Karpfen durchwühlt nämlich auf der Jagd nach Nahrung den Schlamm, weshalb er sich den Beinamen „Teichschweindl“ erworben hat. Er schmeckt aber nicht so, sei hier versichert, weil er nach dem „Abfischen“ kräftig „gewässert“ wird.

 

Weiter in die „Freizeitgemeinde“ Langau, wo vom Rad ins Bad, also in den Langauer See, gesprungen werden kann. Nur wenig später steigen wir beim noblen Wasser- und Barockschloss Ruegers in Riegersburg und bei der letzten Perlmuttdrechslerei Österreichs in Felling nochmals vom Rad. Auf der letzten Etappe, die uns auch durch das Anglerparadies Hessendorf führt, heißt das Motto: Surfin’ Waldviertel! Wobei wir schon beim achten Element des Viertels ober dem Manhartsberg wären: Das muss unserer Meinung das Rad sein. Denn nirgendwo im Osten Österreichs pedaliert es sich so schön wie hier in der liebenswerten „Gemütslandschaft“ des Waldviertels.

 

Weitere Informationen

Thomas Rambauske

Mountainbiken im Waldviertel

Die 40 schönsten Ausritte für Genießer, Familien und E-Biker

 

216 Seiten, Kral-Verlag, 2019, ISBN 978-3-99024-836-2, 22,90 €

 

In diesem neu erschienenen Band stellt Thomas Rambauske die 40 reizvollsten MTB-Touren des Waldviertels vor. Unter den Rundstrecken finden sich gemütliche Spazierfahrten für Familien und Freundesgruppen ebenso wie tagfüllende Trekkingtouren und Empfehlungen für alle, die per E-Bike unterwegs sind. Mit 48 wetterfesten Karten für die Lenkertasche!

 

Erhältlich im guten Fachhandel sowie bei www.bergnews.com und www.kral-verlag.at

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