Mountainbiken von Sillian bis Lignano

Text: Christof Domenig, Redakteur des Magazins „SPORTaktiv“, Fotos: Ulf Edlinger

Der Tagliamento gilt als der bedeutendste der letzten Wildflüsse der Alpen. Er entspringt in den bellunischen Dolomiten in der norditalienischen Provinz Veneto, prägt wesentlich die Landschaft der Region Friaul-Julisch Venetien und mündet schließlich bei Lignano in die Adria. Das Besondere: Während anderswo regulierte Flüsse seit einiger Zeit renaturiert, also in einen möglichst naturnahen Zustand zurückversetzt werden, ist der Tagliamento bis heute von regulierenden Eingriffen fast völlig verschont geblieben. Das 178 Kilometer lange und vielfach weit verzweigte Gewässer bildet mit seinem bis zu zwei Kilometer breiten Flussbett das größte naturbelassene Flusssystem Europas. Die Aulandschaften auf den Inseln und entlang der Ufer sowie der Reichtum an Tier- und Pflanzenarten sind einzigartig.

Der Tagliamento ist bei der neuntägigen Mountainbike-Tour der Naturfreunde Niederösterreich der türkisgrüne Faden. Doch er ist bei Weitem nicht ihr einziges Highlight. Diese sportliche Reise besticht durch den Wechsel der Landschaften vom alpinen zum mediterranen Raum und durch das Kennenlernen vieler historischer Ortschaften im Brennpunkt unterschiedlicher Kulturkreise. Die Kulinarik kommt auf dieser Tour natürlich auch nicht zu kurz: Unzählige Köstlichkeiten wie Pasta, Fisch und vorzügliche Käsesorten, beispielsweise der Montasio, sowie feine Weine aus dem Friaul erwarten einen.

„Wir starten in Sillian in Osttirol, passieren bald die Staatsgrenze und treffen hier gleich auf eine Etappe des bekannten Sextener Stoneman-Trails“, erzählt Naturfreunde-Mountainbike-Guide Markus Rosenauer, der Organisator der Tour, der die Gruppe auch führen wird. Die Ausblicke von den Sextener Dolomiten mit den berühmten Drei Zinnen zählen zu den frühen Höhepunkten der Route. Am zweiten Tag wird der 1298 Meter hohe Passo Mauria erreicht, wo sich ganz in der Nähe die Quellen des Tagliamento befinden. Der Tagliamento ist von da an - zunächst als zarter Gebirgsbach - bis zum Ziel in Lignano ein ständiger Begleiter.

Berg, Land, Fluss

Vom Passo Mauria bis Lignano führt ein Radweg den Tagliamento entlang, auf dem man in drei Tagen gemütlich bis zum Ziel kommen würde. „Wir wollen aber einige Berge, die sich beidseitig des Flusses erheben, mitnehmen“, erklärt Rosenauer. Es soll sozusagen ein „Best-of“ toller Landschaftserlebnisse werden; man möchte auf möglichst vielen Naturwegen unterwegs sein und den Asphaltanteil so gering wie möglich halten. Vor allem die ersten Tage sind auch fahrtechnisch herausfordernd. Die Streckenführung lässt sich aber teilweise an die Tagesverfassung und Wünsche der aus maximal 10 Bikerinnen und Bikern bestehenden Gruppe anpassen. Fixpunkte sind die täglichen Etappenziele, übernachtet wird in schönen Hotels und Pensionen, meist auf Drei-Sterne-Niveau.

Angesteuert werden auch sehenswerte kleine Städte mit ihren historischen Zentren: u. a. Tolmezzo, Venzone oder weiter im Süden Spilimbergo und Latisana. Am Weg liegt auch das Städtchen Gemona del Friuli, das 1976 von einem schweren Erdbeben getroffen wurde. Sein mittelalterlicher Ortskern wurde seitdem fast vollständig wiederaufgebaut.

„Auf dem Programm steht auch der Monte San Simeone, der mit 1505 Metern höchste Berg der Region. Über rund 1000 Hm windet sich eine kleine spektakuläre Straße in 29 Kehren hinauf. Das bedeutet eine höhere Dichte an Kehren als am Stilfserjoch! Und von oben hat man eine geniale Aussicht“, schwärmt Rosenauer.

Südlich von Gemona ändert sich die Landschaft grundlegend: Zunächst fährt man durch große Weinbaugebiete, wo beste Tropfen gekeltert werden, und erreicht schließlich die Ebene der oberen Adria.

Für Gepäcktransport und Sicherheit ist während der Tour durch ein Begleitfahrzeug gesorgt. Im leichten Tagesrucksack sollte Badebekleidung nicht fehlen. Der Tagliamento bietet an vielen Stellen Gelegenheit für eine Abkühlung.

Die Tagliamento-Mountainbike-Tour verspricht, sehr abwechslungsreich und sportlich ambitioniert zu werden. Perfekt nach einem Jahr der Reisebeschränkungen: Der September kann kommen!