Von Interlaken bis zu den Gipfeln des Jungfrau-Massivs erstreckt sich die Jungfrau-Region im Berner Oberland. Die einzigartige Alpenlandschaft mit ihren imposanten Bergen und kristallklaren Seen macht jeden Sommerurlaub zu einem ganz besonderen Erlebnis. Als einer der renommiertesten Ferienorte im alpinen Raum besticht Grindelwald vor allem durch seine vielseitigen Outdoormöglichkeiten. Er liegt am Fuße der Eiger-Nordwand und ist einer von zwölf klassischen Tourismusdestinationen der Gruppe „Best of the Alps“, die es bereits seit mehr als 20 Jahren gibt und für Lebenskultur, Sport, Events und Qualitätstourismus steht.
Grindelwald ist vor allem bei sportlichen Bikerinnen und Bikern sehr beliebt. Die ausgewiesenen 30 Mountainbike-Routen durchziehen auf insgesamt 600 km die spektakuläre Landschaft, die unter anderem zum ersten UNESCO-Weltnaturerbe der Alpen erklärt wurde.
Wer hier seine Touren macht, kommt in den Genuss des weltberühmten Dreigestirns Mönch, Jungfrau und Eiger, deren senkrechte Felswände nahezu 3000 m in den Himmel ragen. Gemeinsam mit den gletschergekrönten Bergriesen Schreckhorn, Finsteraarhorn und Wetterhorn-Massiv bilden sie eine atemberaubende Kulisse.
Etwas Kondition muss man für die Touren rund um Grindelwald schon mitbringen, die Anstiege sind sehr steil. Für die kniffligen Trails auf den Plateaus muss man, von Grindelwald ausgehend, schon einmal 600 Höhenmeter in Kauf nehmen. Noch mehr Muskelkraft ist gefragt, wenn die Anstiege die 1000-Höhenmeter-Marke überschreiten. Dafür wird man mit atemberaubenden Aussichten belohnt. Wer es gerne gemütlicher und kräfteschonender angehen möchte, nützt für die Anstiege Seilbahnen, Züge oder Busse.
Zum Höhepunkt unseres diesjährigen Mountainbike-Urlaubs in der Jungfrau-Region zählt mit Bestimmtheit die Tour ins Lauterbrunnental. Über die Kleine Scheidegg und die Lauberhorn-Abfahrt werden hier gleich mehrere Highlights der Region verbunden. Der Anstieg mit 1100 Höhenmetern bringt unsere Betriebstemperatur schnell in den roten Bereich, und gerade meine Freundin Brigit und mich kostet es, während wir hinter unseren Männern hertreten, schon einen gewissen Grad an Überwindung, nicht doch auf die Seilbahn umzusteigen. Aber eine Passhöhe von 2061 m muss doch aus eigener Muskelkraft zu schaffen sein! Überhaupt wenn wir bedenken, dass die Teilnehmenden des Eiger Bike-Challenge vor diesem Anstieg schon 3000 Höhenmeter in den Beinen haben. Die Sicht auf die Schweizer Bergriesen macht die Auffahrt angenehmer. Vorbei an blühenden Almwiesen, einsamen Heuschobern und duftenden Zirbelkiefern geht es hoch bis zum Aussichtsplateau „Kleine Scheidegg“. Eine beeindruckende Aussicht auf Eiger, Mönch und Jungfrau öffnet sich.
Doch mitten in dieser alpinen Bergwelt tut sich plötzlich eine andere Welt auf: Touristinnen und Touristen in einfachen Turnschuhen tummeln sich auf dem Plateau. Eine moderne Zahnradbahn bringt Hunderttausende internationale Gäste vom Alpenbahnhof Kleine Scheidegg durch die Eiger-Nordwand zum Jungfraujoch auf 3454 m, zur höchsten Bahnstation Europas. Zwei Stopps sorgen für faszinierende Ausblicke auf Grindelwald und das Eismeer. Angekommen auf dem Dach Europas, reicht der Blick bis zu den Berggipfeln der Vogesen in Frankreich und zu den Schwarzwald-Höhen in Deutschland. Beeindruckend!
Statt mit der Bahn geht es für uns per Bike weiter. Wenige Meter von der Bahnstation entfernt beginnt der heißersehnte Trail. Eng und steil, aber mit unerhörtem Flow zickzackt er nach Wengen hinunter. Zum Teil fahren wir über die Lauberhorn-Abfahrt, zum Glück nicht in der Falllinie. Ein echter Leckerbissen – nicht nur für SkifahrerInnen – ist die Schlüsselstelle „Hundschopf“, wo sich im Winter die Ski-Elite mit einem wagemutigen Sprung hinunterstürzt. Wir haben hier drei enge Spitzkehren zu bewältigen, bevor der Trail zügig weitergeht. Die gesamte Abfahrt bis ins Lauterbrunnental ist lang und steil. Bike-Erfahrung und ein gut gewartetes Material sind absolute Voraussetzung. Das absolvierte Fahrtechnik-Training zahlt sich aus!
Nach dieser anstrengenden MTB-Tour entscheiden wir uns am nächsten Morgen für eine Wanderung. Ein Blick auf die Karte zeigt, dass die Vielfalt der markierten Wanderwege mindestens so groß wie die der Biketouren ist. 500 km Wanderwege führen durch die Jungfrau-Region. Und egal, für welche Route man sich entscheidet: Bergrestaurants und Almhütten bieten einen leckeren „Zvieri“, eine typische Schweizer Jause, an. Wer sich nach der Einkehr für den Abstieg zu müde fühlt, steigt am besten in eine der Bergbahnen und lässt sich ins Tal zurückbringen.
Wir haben jetzt die Qual der Wahl, eine passende Tour aus der Fülle von Routen auszusuchen, die von kinderwagengerechten Spaziergängen über den Erlebnisweg bis hin zu anspruchsvollen Bergwanderungen und Klettersteigen reichen.
Glücklicherweise kommt gerade der hilfsbereite Hotelchef um die Ecke und empfiehlt uns die fünfstündige Tour von der Kleinen Scheidegg über Alpiglen bis zur Gletscherschlucht, eine prächtige Wanderung am Fuße des Eiger-Massivs. „Es ist eine besondere Stimmung, inmitten dieser alpinen Landschaft zu wandern. So nah kommt ihr dem berühmtesten Dreigestirn der Bergwelt auf keinem Wanderweg“, schwärmt der passionierte Wanderer. Überzeugt! Diese Tour soll es werden.
Am nächsten Tag führt uns der Weg von der Kleinen Scheidegg (2061 m) in nordöstlicher Richtung über kupierte Alpweiden, vorbei an knorrigen Zirbelkiefern, die in der Schweiz Arven genannt werden, hinunter nach Bustligen und entlang den Ausläufern des Eigers bis nach Alpiglen. Zeit für eine kurze Rast und Stärkung. Da kommt das altehrwürdige Hôtel des Alpes Alpiglen genau richtig. Die Eröffnung dieser Raststätte geht wohl auf das Jahr 1868 zurück. Die ersten schriftlichen Belege für den Betrieb des Gasthauses stammen aus dem Jahre 1879. Über die Jahre hinweg wurde das Haus mehrere Male umgebaut und renoviert. Heute zeigt es sich zwar mit moderner Ausstattung, versprüht aber dennoch den Charme früherer Zeiten.
Wir genießen den eindrucksvollen Ausblick auf den Unteren Grindelwaldgletscher und den gesamten Talkessel von Grindelwald. Von jetzt an halten wir uns rechts und wandern über die offenen Weiden der Rindertalg und durch den Bergwald nach Bonera. Auf der gesamten Strecke präsentiert sich die ganze Vielfalt der Alpenflora von ihrer schönsten Seite. Sehr steil und teilweise auch über gesicherte Stege geht es schließlich hinunter zur Gletscherschlucht.
In Grindelwald gibt es drei „Mountain-Bike-Holidays“-Hotels, in denen BikerInnen und natürlich auch BergsteigerInnen bestens aufgehoben sind. Sie haben für ihre sportlichen Gäste die geeignete Infrastruktur und attraktive Relaxangebote. In Grindelwald können die MTB-Gäste im Bike-Parcours ihre Technik verfeinern, mit der Bergbahn auf den Gipfel fahren und an geführten Touren teilnehmen. Die topausgebildeten Bike-Guides geben einem wertvolle Tipps und zeigen ihren Schützlingen alles Sehenswerte. Auch wenn die Jungfrau-Region von Interlaken bis zum Jungfrau-Gipfel nur 18 km misst - die Touren und die damit verbundenen Herausforderungen reichen für ein halbes Bikerleben.
Text: Lisa Unterganschnigg, Fotos: Mountain Bike Holidays