Text: Team Kajakverein Naturfreunde Innsbruck (KNI), Fotos: Axel Springer/Tiroler Tageszeitung, Milos Jakobi/WET, Visualisierung des Paddelparks: IG Paddelpark
Es ist ein schöner Frühlingstag am Platz vor der Tiflisbrücke im Osten Innsbrucks. Hier, wo die Sill in den Inn mündet, lädt ein großer, ruhig gelegener Platz mit tribünenartigen Sitzgelegenheiten zum Verweilen ein. Hier befindet sich auch das Vereinshaus von drei Paddelvereinen (Kajakverein Naturfreunde Innsbruck, Canoe und TWV) - ein perfekter Ort für die lokalen Kajakfahrer*innen, ihren Sport auszuüben, würde man meinen. Aber Boote und Paddler*innen sieht man hier selten.
Geplant war alles anders: 2011 sollte unter der Fußgängerbrücke eine stehende Welle Kajakfahrer*innen und Surfer*innen anziehen. Von den bereits vorhandenen Sitzmöglichkeiten hätte man den perfekten Blick auf das Treiben in der Welle gehabt. Aber leider ist Wasser nicht immer berechenbar. Trotz mehrmaliger Umbauten und Bemühungen funktionierte die Welle nicht. Es bildete sich ein lebensgefährlicher Rücklauf, der zur Folge hatte, dass dieser Flussabschnitt für Befahrungen gesperrt werden musste.
Heute ist die Betonrampe sanierungsbedürftig, und eine Renaturierung des Flussbetts wird angestrebt: Vielleicht klappt es ja nun, dass die Wildwasser-Community vor ihrem Vereinsheim eine Wildwasser-Slalomstrecke erhält!
In stundenlangen Gesprächen mit allen Beteiligten arbeiten derzeit die Mitglieder der Interessengemeinschaft Slalomstrecke am Projekt Paddelpark. Das Ziel ist es, die Sill-Mündung in eine sichere, ansprechende und nachhaltige Wildwasser-Trainingsstrecke umzuwandeln. Bestehend aus einem gemäßigten Teil für Anfänger- und Nachwuchstraining sowie einem steileren Teil, der allen Fortgeschrittenen als Spiel- und Trainingsplatz dienen soll.
Bei der Planung dieser Sportstätte steht auch die Gewässerrevitalisierung im Fokus. Mit der Abtragung der Betonrampe und dem Wiederherstellen eines möglichst naturnahen Verlaufs der Sill wird auch der Lebensraum Wildfluss profitieren. In Absprache mit Fischerei und Gewässerökologen soll in der Planung ein für alle Interessengruppen vorteilhaftes Ergebnis erzielt werden - ganz im Sinne der Naturfreunde.
Im Juni 2023 zeigte sich die Kajakszene am Platz zwischen Sill und Vereinsheim wie schon lange nicht mehr: Anlässlich seines 50-jährigen Bestehens veranstaltete hier der Kajakverein Naturfreunde Innsbruck ein Fest. Eine Ausnahmeregelung unter erhöhten Schutzmaßnahmen durch die Wasserrettung ermöglichte eine Befahrung der Sill bis zum Vereinsheim, zum Zweck eines Revivals des legendären Sill Cups. Seit mehreren Jahren hatte hier kein Kajakrennen mehr stattgefunden. Gewonnen wurde es vom Lokalmatador und internationalen Aushängeschild des KNI Andi Brunner. Aber wichtiger als das Wettkampfergebnis war, dass man überall bunte Boote und glückliche Gesichter sah. Mit Livemusik, Rollenwettbewerb im Pool und viel Spaß feierte sich die Community. Passantinnen und Passanten feierten mit und freuten sich, dass am Platz im Innsbrucker Sill-Zwickel endlich mal wieder etwas los war. Mit dem Fest wollte man auch ein Zeichen setzen: Wir Kajakfahrer*innen sind viele, wir halten zusammen, und wir kämpfen dafür weiter, vor unserem Vereinsheim ein Zuhause für den Wildwassersport entstehen zu lassen. Dort, wo in Zukunft Gemeinschaft, Abenteuer und Nachhaltigkeit Hand in Hand gehen sollen.
Weitere Infos: paddelpark.kanucenter-innsbruck.at
Den Flüssen im Kajakland Tirol geht es an den Kragen
Unter der massiv voranschreitenden Gletscherschmelze und Verbauung der Wildflüsse in Tirol leidet nicht nur die Gewässerökologie, sondern auch der Wildwassersport. Der lukrative Energiemarkt und die derzeitige Förderpolitik lassen Wasserkraftprojekte entstehen, bei denen sich die Frage stellt, ob schlussendlich der Schaden nicht größer als der Nutzen sein wird. Der Verein „WET - Wildwasser erhalten Tirol“ stellt sich stellvertretend für die vielen kritischen Stimmen klar gegen Vorhaben wie den Ausbau des Speicherkraftwerks Kaunertal zu einem Kraftwerksnetz, das einen massiven Eingriff in die Flussökologie und alpine Hochmoorlandschaft bedeuten würde.
So wichtig es ist, die Energiewende und die Abkehr von fossilen Energieträgern zu unterstützen, muss doch auch mit Sorgfalt vorgegangen werden. Gerade in Zeiten der Klima- und Biodiversitätskrise sind auch die Bedeutung von naturnahen Gewässern zum Erhalt der Artenvielfalt, der kühlende Effekt von frei fließenden Gletscherflüssen und die Verfügbarkeit von Wasser für die Landwirtschaft zu berücksichtigen. Kajak- und Kanufahrer*innen erleben die Schönheit und den Erholungswert von Flüssen und Naturlandschaften hautnah. Deshalb sprechen sie sich auch für einen umweltverträglichen Ausbau von erneuerbaren Energien in Tirol aus.