Text: Marlies Lattner-Czerny, hochzwei.media
Der Naturfreunde-Alpinkader ist weit mehr als ein Nachwuchsförderprogramm – er ist ein Sprungbrett für ambitionierte Bergsteigerinnen und Bergsteiger im Alter von 18 bis 26 Jahren, die ihre Leidenschaft für den Alpinismus in eine professionelle Richtung lenken möchten. Seit seiner Gründung 2012 hat der Alpinkader nicht nur Seilschaften fürs Leben geknüpft, sondern auch Profikarrieren ermöglicht und das Bewusstsein für fundierte Aus- und Weiterbildungen im Bergsport geschärft.
Nachdem 2024 beim Alpinkader 4.0 eine reine Frauengruppe beachtliche Fortschritte in den alpinen Disziplinen erzielt hat und sich nun auf ihre Abschlussexpedition im Herbst 2025 vorbereitet, geht es dieses Jahr mit einem Männer-Team weiter. Im April 2025 findet das Sichtungscamp statt, bei dem sechs Bewerber für das Herren-Team ausgewählt werden. Im Mai 2025 startet unter der Leitung des Bergführers Timo Moser die Ausbildung mit einem Sportkletter-Modul im Salzkammergut. Neben Fortbildungen in den alpinen Kerndisziplinen folgen u. a. auch Einheiten in den Bereichen Alpin- und Expeditionsmedizin, Erste Hilfe am Berg und Umgang mit sozialen Medien. Den Höhepunkt wird 2026 die Abschlussexpedition bilden.
Timo Moser, ein erfahrener Bergführer aus Salzburg, der den Alpinkader schon von Anfang an mit seiner Expertise und Leidenschaft begleitet, weiß aus Erfahrung, wie wichtig eine strukturierte Ausbildung ist. „Wir brauchen Ausbildungen, um den Bergsport sicherer zu machen“, meint er. „Die Trial-and-Error-Methode mag bei einem Brettspiel funktionieren, aber nicht, wenn es um Leben und Tod geht. Es gibt Erlebnisse, die man nicht selbst erfahren muss. Es macht Sinn, wenn man bestimmte Fertigkeiten gezeigt bekommt und Abkürzungen nutzt, um sich riskante Situationen zu ersparen.“
Für Timo ist der Alpinkader weit mehr als ein alpinistisches Ausbildungsprogramm. Er sieht ihn auch als ein Modell, wie junge Menschen in einem verantwortungsbewussten und respektvollen Umgang mit der Natur gefördert werden können. Er sei nicht nur eine Chance für die Teilnehmenden, ihre Fähigkeiten zu erweitern, sondern habe auch Auswirkungen auf die gesamte Bergsport-Community. „Wer diese Ausbildung durchläuft, bringt nicht nur sein Wissen auf ein höheres Niveau, sondern gibt diese Erkenntnisse auch in seinem Umfeld weiter.“ Ein Schneeballeffekt von ungeahntem Wert. „Das professionalisiert den gesamten Bergsport und führt zu einem sichereren Erlebnis für alle am Berg.“
Die Bedeutung einer fundierten Ausbildung wie im Rahmen des Alpinkaders zeigt sich nicht nur in den Erfolgen der Teilnehmenden, sondern auch in ihrer langfristigen Wirkung. „Die meisten bleiben dem Bergsteigen treu oder haben sogar eine entsprechende berufliche Laufbahn eingeschlagen, sei es als Bergführerin, Bergführer oder in der Bergrettung“, weiß Timo Moser. Auch Barbara Vigl, die das Frauen-Team leitet, kennt den Alpinkader aus eigener Erfahrung: Sie war von 2015 bis 2017 selbst Teilnehmerin und weiß, wie wertvoll diese Ausbildung für die persönliche und berufliche Entwicklung sein kann.
Die Alpinkader-Ausbildung ist jedoch nicht nur eine Frage des Könnens und des Risikomanagements. Timo Moser, der beruflich auch als Mediator und Coach in der Männerberatung und Gewaltprävention tätig ist, betont, dass die persönliche Weiterentwicklung einen entscheidenden Teil der Ausbildung ausmacht. „Es geht darum, den eigenen Weg im Bergsport zu finden. Die Teilnehmenden sollen lernen, wie sie zwischen Leistungsdruck, persönlichen Erwartungen und ihrem inneren Anspruch eine Balance finden“, erklärt Moser. „Das ist besonders wichtig, wenn man an diesem Sport langfristig Freude haben will, ohne die Gesundheit zu gefährden. Der Naturfreunde-Alpinkader bietet sowohl eine Ausbildung im klassischen Sinn als auch die Chance, den eigenen Platz im Bergsport zu finden – ohne sich nur von äußeren Erwartungen oder vom eigenen Ego leiten zu lassen.“