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2.1. Klettern und Sichern im Toprope

 

Das Sichern und Klettern im Toprope ist der Einstieg in das Seilklettern. Das Ziel in einem Kurs wird zumeist das selbstständige Sichern und Klettern in Zweierseilschaft sein. Bei wenig geübten Kindern, Jugendlichen oder Menschen mit bestimmten Beeinträchtigungen wird eine selbständige Ausübung außerhalb des Kursbetriebes oder ohne Aufsicht von Erwachsenen in Zweierseilschaft nicht möglich sein.

 

Methodik

Vorzeigen/Erklären (Anseilen, Partner*innen-Check, Sicherungshandling) → Bodenübung → Dreierseilschaft → Hängetest → Vertrauensübungen → Schleifknoten → Zweierseilschaft → Selbständiges Klettern

1.) Anseilen

Das Anseilen für das Klettern im Toprope kann entweder mit einem gesteckten Achterknoten oder mit zwei gegengleich eingehängten Verschlusskarabinern erfolgen. Das gegengleiche Einhängen von zwei Karabinern wird zumeist sehr schnell verstanden und braucht weniger Übung. Das richtige Stecken eines Achterknotens braucht mehr Übungszeit, im besten Fall über mehrere Kurseinheiten verteilt. Zu Beginn eines Kurses könnte mit Karabinern geklettert werden und der Achterknoten erst später gelehrt werden.

 

 

Zwei Verschlusskarabiner gegengleich eingehängt
mit Achterknoten direkt eingebunden

1. Methode: Eine Methode zum Erlernen des Achters ist, erst den Sackstich zu erklären und dann das Seil „einmal mehr“ um das Seil wandern zu lassen.

 

2. Methode: Mit einer Hand eine Schlaufe machen, das freie Seilende einmal um das Seil führen und durch die Schlaufe fädeln.

 

Achterknoten Methode 2

3. Methode: Das freie Seilende wird außen, körperfern, über die eine Hand gehängt, so dass ca. 1,2 Meter frei baumeln. Dann nehmen wir mit der anderen Hand von vorne dieses Seilende, umkreisen von innen beginnend, körpernahe, den anderen Seilstrang und geben uns das freie Seilende in die Hand. Dann fahren wir mit der Hand durch die Schlaufe, die sich gebildet hat, zurück und halten das Seilende dabei fest.

Egal mit welcher Methode der Achter erreicht wurde, nun wird er zum gesteckten Achterknoten fortgeführt: Wir fädeln das freie Seilende durch die kleinen Schlaufen, in denen der Anseilring ist. Danach fahren wir dem Seil, das aus dem Knoten kommt, möglichst nahe beim Klettergurt den ganzen Knoten nach, bis alle Stränge doppelt sind. Nun werden alle vier Stränge festgezogen.

2.) Check der Partner*innen

  • Sitz und Verschlüsse des Gurtes
  • Anseilknoten und Karabiner
  • Sicherungsgerät
  • Knoten am Seilende und Seil nicht verdreht (Blick auf den Boden und zum Top)

 

Verschlüsse geschlossen?
Knoten fertig zurückgefädelt?
Karabinerverschluss gesichert?
Sicherungsgerät funtkionsfähig?
Seilknoten am Ende?

3.) Sicherungshandling

Die Sicherungsperson steht seitlich versetzt neben der Falllinie der kletternden Person (1 bis 1,5 Meter) und nahe bei der Wand. Die Bremshand ist die Hand am Bremsseil zwischen Sicherungsgerät und Boden. Die Sensor- oder Führungshand ist die Hand am Lastseil zwischen Sicherungsgerät und der kletternden Person.

Es gibt im Wesentlichen zwei Sicherungsbewegungen. Es empfiehlt sich mit einer der beiden Sicherungsbewegung zu beginnen und im Laufe des Kurses die andere Sicherungsbewegung zu unterrichten. Die beiden Sicherungsbewegungen können mit allen Sicherungsgeräten gemacht werden. Das Handling beim Ablassen der kletternden Person unterscheidet sich, je nach der Wahl des Sicherungsgerätes (siehe Kapitel Sicherungsgeräte).

  • Tunnelgriff:
    Abb 1-4) Die Sensorhand zieht das Lastseil in Richtung Sicherungsgerät, während die Bremshand das Bremsseil nach vorne vom Sicherungsgerät wegzieht. Die Bremshand klappt dann möglichst rasch nach unten und fährt entlang des Bremsseiles in Richtung Sicherungsgerät. Dabei bildet die Bremshand permanent einen geschlossenen Tunnel um das Bremsseil.
    Dann beginnt die Bewegung von vorne.

Abb 1
Abb 2
Abb 3
Abb 4
  • Tunnelgriff:
    Abb 5-8) Die Sensorhand kann dabei die Bremshand beim Entlangfahren am Seil unterstützen. D.h. sie wird dadurch kurzzeitig zu einer zweiten Bremshand. Dann beginnt die Bewegung von vorne.
Abb 5
Abb 6
Abb 7
Abb 8
  • Übergreifen: Die Sensorhand zieht das Lastseil in Richtung Sicherungsgerät, während die Bremshand das Bremsseil nach vorne vom Sicherungsgerät wegzieht. Die Bremshand klappt dann möglichst rasch nach unten und fährt entlang des Bremsseiles in Richtung Sicherungsgerät. Die Sensorhand übernimmt nun die Funktion der Bremshand und greift dazu auf das Bremsseil zwischen Sicherungsgerät und Boden. Die freigewordene Hand kann nun loslassen und zwischen Bremshand und Sicherungsgerät greifen.

4.) Bodenübung

Das Erlernen von Sicherungstechniken beginnt stets mit Bodenübungen. Die Toprope-Bodenübung wird in Gruppen von zwei bis vier Personen durchgeführt. Das Seil kann, muss aber nicht, in den Umlenker eingehängt sein. Es muss nur lang genug sein und kann für die Bodenübung auch in die erste Expressschlinge einer Kletterroute, in einen Karabiner an einer Sprossenwand oder an einem Baum usw. eingehängt sein. Bei der Bodenübung übt eine Person das Sichern und eine andere Person simuliert das Klettern. Das Üben des Sicherns unterscheidet sich kaum von dem Seilhandling der realen Sicherungssituation. Das Klettern wird simuliert, indem sich eine Person langsam in Richtung der Sicherungsperson bewegt. Es werden so viele Durchgänge ausgeführt, bis die Sicherungsbewegung gut sitzt. Zumeist reichen zwei bis vier Durchgänge. Das Ablassen kann zwar geübt werden, es unterscheidet sich aber von der realen Klettersituation, da am Boden gehend das Seil nicht sehr stark belastet werden kann.

5.) Dreierseilschaft

Die Dreierseilschaft ist das zentrale Tool beim Erlernen des Toprope-Sicherns. Es wird mehrere Praxis-Einheiten erfordern, bis sie verlassen werden kann. Geklettert wird in einer Dreiergruppe, wobei zwei Personen für das Sichern verantwortlich sind. Die zweite Sicherungsperson steht als Backup nahe der ersten Sicherungsperson und hält das Seil mit beiden Händen. Das Backup darf das Bremsseil nicht spannen, da sonst die Sicherungsbewegung nicht möglich ist. Zwischen der sichernden und der nachsichernden Person sollte etwas Schlappseil sein, damit die Sicherungsbewegungen ungestört ausgeführt werden können. Das Seil sollte aber keinesfalls bis zum Boden herunterhängen. Wenn die Gruppengröße nicht genau durch drei teilbar ist, kann eine Viererseilschaft gebildet werden.

Sichern mit Backup

6.) Hängetest

Es wird losgeklettert, während die Übungsleiter*in neben der sichernden Person steht. In einer Höhe von etwa zwei Metern wird erstmals „auf Zug“ gegangen und die kletternde Person setzt sich in das Seil und nimmt die Ablasshaltung ein. Die Beine sind dabei im Kniegelenk leicht abgewinkelt und gespreizt vor dem Körper – ungefähr auf Hüfthöhe oder leicht darunter. Eine Hand ist am Seil vor dem Körper etwas oberhalb des Knotens, die zweite Hand bleibt frei. Die nun im Seil sitzende Person soll nun probieren, beide Hände loszulassen und sich möglichst zu entspannen. Die Erfahrung zeigt, dass eine im Hängetest geübte Ablasshaltung in Bodennähe eine geringere Herausforderung darstellt, als wenn diese Ablasshaltung in größerer Höhe eingenommen werden soll. Die Sicherungsperson erlebt erstmals die Zugbelastung und die zum Halten notwendige Kraft einer im Seil hängenden Person.

Hängetest in Bodennähe

7.) Vertrauensübungen

Bei Einsteiger*innen besteht beim Erlernen des Toprope-Sicherns noch keine Erfahrung bzw. Vertrauen, dass das Seil-Sicherungsgerät-Gurt-System auch funktioniert. Diese Funktionalität ist zwar kognitiv klar, aber es fehlen die praktischen Erfahrungen und damit häufig auch das Vertrauen in Material und Sicherungsperson. Deswegen empfehlen wir, bereits zu einem frühen Zeitpunkt Übungen anzubieten, welche dieses Vertrauen aufbauen können. Wir raten zu einer langsamen Steigerung in Kombination mit eigenständigen Gestaltungsmöglichkeiten. Die folgenden Übungen sollen auch der Sicherungsperson die Möglichkeit geben, Erfahrungen mit dem Halten eines „Sturzes“ zu sammeln.

  • Die kletternde Person sagt an irgendeiner Stelle der Route den Namen der sichernden Partner*in. Daraufhin strafft die Sicherungsperson das Seil noch etwas. Die kletternde Person lässt los, setzt sich ins Seil und nimmt die Ablasshaltung ein. Das Hineinsetzen ins Seil sollte pro Aufstieg mehrmals durchgeführt werden.
  • Die sichernde Person sagt an irgendeiner Stelle den Namen der kletternden Partner*in. Daraufhin setzt sich die kletternde Person ins Seil; dieses wird vorher nicht extra gestrafft. Die Kontrolle geht auf die Sicherungsperson über. Die Sturzhöhe ist etwas größer als in der vorherigen Übung.
  • Die kletternde Person setzt sich an irgendeiner Stelle ohne vorherige Ankündigung ins Seil. Wenn möglich sollte sie vorher nicht nach unten sehen. Das blinde Vertrauen beginnt.
  • Die kletternde Person setzt sich an irgendeiner Stelle ohne vorherige Ankündigung ins Seil und springt dabei noch etwas nach oben weg.
  • Wenn es das Gelände (Wandstruktur und Griffe) zulässt und geringe Sturzhöhen garantiert sind: Blind klettern (Augen nur zu, nicht verbinden) und eventuell blind an irgendeiner Stelle loslassen.

Durch genaue Anweisungen und Steigerung in kleinen Schritten lernen die Teilnehmer*innen Gefahren und Sturzweiten gut einzuschätzen. Ein Zug der Sicherungsperson gegen die Wand ist dabei möglich/wahrscheinlich. Diese Erfahrung ist von größter Bedeutung für das weitere Sicherungsverhalten.

8.) Schleifknoten

 

Nach längerer Praxis in Dreierseilschaften kann der Schleifknoten ein Zwischenschritt am Übergang in die Zweierseilschaft sein. Der Schleifknoten hat den Vorteil, dass er auch unter Belastung wieder geöffnet werden kann.

9.) Teamsichern

Beim Teamsichern werden die Aufgaben unter mehreren Personen aufgeteilt und mit HMS (siehe Sicherungsgeräte) gesichert. In der Regel ist nur eine kurze Einführung notwendig, das Handling ist weniger komplex und muss nicht so lange geübt werden, wie bei der bereits beschriebenen Methode. Teamsichern eignet sich daher hervorragend für kleinere Kinder oder Schnupperkletter-Einheiten. Es eignet sich zudem für die Inklusion von Menschen mit bestimmten Beeinträchtigungen oder Lernschwierigkeiten. Teamsichern kann sitzend oder stehend ausgeführt werden. Die HMS kann am Klettergurt oder am Fixpunkt erfolgen.

Teamsichern
Teamsichern
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