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Plaisirklettern, eine lustvolle Spielart des Felskletterns

Im Folgenden ein kurzer Überblick, was man darunter versteht und was beim Plaisirklettern zu beachten ist.

Das Wort „Plaisir“ stammt aus dem Französischen und steht für Vergnügen, Freude, Lust und Spaß. Der Begriff „Plaisirklettern“ kommt also der in unseren Breiten etwas bekannteren Bezeichnung „Genussklettern“ schon sehr nahe.

Den Ausdruck „Plaisirklettern“ verwendete erstmals 1992 der Schweizer Alpinist und Autor zahlreicher Kletterliteraturen Jürg von Känel in seinem damals neuen Kletterführer „Schweiz Plaisir“; er bezeichnete jene Kletterrouten als Plaisirrouten, die einen moderaten Schwierigkeitsgrad aufweisen (etwa bis zum 7. UIAA-Grad), gut mit Bohrhaken abgesichert sind und einen eher kurzen und risikoarmen Zu- sowie Abstieg haben.

Neben dem Hallenklettern ist das Plaisierklettern die mittlerweile am weitesten verbreitete Spielform des Kletterns und mitunter eine der wesentlichen Komponenten des nicht primär leistungsorientierten Breitensports.

Die Entwicklung des Plaisirkletterns brachte viele Routensanierungen sowie mit Bohrhaken neu eingerichtete Klettertouren mit sich. Das führte jedoch auch zu Konflikten: So wurde bei der Sanierung klassischer Routen deren Charakter und Ernsthaftigkeit verändert - und dies oft ohne mit dem Erschließer zu sprechen. Aber auch neue Touren mit minimalen Hakenabständen erregen oft die „Klettergemüter“ und füllen nach wie vor so manches Kletterforum mit schier endlosen Diskussionen, warum denn diese Tour so „zugenagelt“ wurde. Prinzipiell spricht ja nichts gegen gut gesicherte Klettertouren; doch etwas Maß und Ziel und ein Hauch von Hausverstand sollten bei Sanierungen und bei der Errichtung neuer Touren gewahrt werden.

 

Risikobewusstsein

Wie bei jeder Spielart des Klettersports besteht auch beim Plaisirklettern trotz einer guten Absicherung ein gewisses Restrisiko, das zum klassischen Alpinklettern vergleichsweise gering und kalkulierbar, aber keinesfalls zu unterschätzen ist. 

Gerade im Gebirge bedarf es eines umfangreichen Wissens sowie eines routinierten Umgangs mit allen Teilen der Ausrüstung, um das Gefahrenpotenzial so gering wie möglich zu halten. Die Klassifizierung als Plaisirkletterei sollte nicht mit einem Siegel „ungefährlich für jedermann“ verwechselt werden.

 

Auch in toll eingerichteten Plaisirrouten können Wetterumschwünge, Steinschlag, Unerfahrenheit und Fehlanwendungen der Ausrüstung zu massiven Problemen führen.

 

So schön und risikoreduziert diese Routen meist auch sind: Leider sind sie sehr oft stark frequentiert. In der Dachl-Nordwand im Gesäuse wird man sich bestimmt nie an einer Route anstellen müssen, was zum Beispiel in der Serengeti im Grazer Bergland keine Seltenheit darstellt. Dementsprechend schnell „specken“ diese Routen leider auch ab, werden abgenutzt und rutschig.

 

Die Absicherung

Bis auf wenige Ausnahmen, zum Beispiel in sehr leichten Bereichen, in denen die Errichter so mancher Route mit Zwischensicherungen etwas sparsam umgehen, sind Plaisirrouten prinzipiell sehr gut gesichert. Die Zwischensicherungen haben einen moderaten Hakenabstand und sind meist mit Bohrhaken ausgestattet. Das heißt, sofern alles planmäßig abläuft, kommt man in diesen Routen grundsätzlich mit Expressschlingen zur Zwischensicherung aus. Läuft die Tour jedoch nicht planmäßig ab - wenn man die eine oder andere Zwischensicherung nicht gefunden oder sich sogar verstiegen hat - sollte man speziell bei Mehrseillängenrouten ein kleines Sortiment von mobilen Zwischensicherungen in Form von Bandschlingen, Klemmkeilen oder/und Friends mitnehmen. Natürlich vorausgesetzt, man kann damit auch umgehen. Kann so manche heikle Situation doch sehr entspannen!

 

Standplatzbau

Abweichend von alpinen Klettereien, wo Standplätze oft sehr spärlich bis kaum vorbereitet sind, oft nur ein Haken steckt, und der ist alt und rostig, findet man auf Plaisirtouren meist sehr gut eingerichtete Standplätze vor.

 

Gut eingerichtet heißt, es gibt mindestens zwei idealerweise normgerechte und sauber gesetzte Bohrhaken. Obwohl Bohrhaken an sich große Belastungen aufnehmen können, werden auf Standplätzen trotzdem zwei gesetzt, um eine gewisse Redundanz zu schaffen. Das ermöglicht, die Verbindung dieser „guten“ Fixpunkte durch eine Reihenverankerung auszuführen. Sie bietet im Vergleich zur einst klassischen Variante der Ausgleichsverankerung einige Vorteile des Handlings und dadurch auch der Sicherheit. Die Reihe teilt Belastungen nicht auf beide Fixpunkte auf (was bei guten Fixpunkten auch nicht unbedingt erforderlich ist), sondern es gibt einen Zentralpunkt, der im Fall des Versagens des belasteten Bohrhakens noch „redundant“ mit dem zweiten Bohrhaken verbunden ist.

 

Gebiete mit Plaisirrouten

Mittlerweile gibt es schon viele Klettergebiete mit plaisirmäßig eingerichteten Routen. Beispielsweise in Arco im italienischen Trentino am nördlichen Ende des Gardasees und im kroatischen Velebit, Nationalpark Paklenica, die zu den älteren und bekannteren Gebieten zählen, hat man eine sehr große Auswahl. Aber auch in heimischen Gefilden sind tolle Gebiete zu finden. Das Grazer Bergland in der Steiermark etwa bietet einiges an sehr gut eingerichteten „Genusstouren“, und auch im niederösterreichischen Höllental und auf der Hohen Wand gibt es perfekte Voraussetzungen fürs Plaisirklettern.

Zu guter Letzt ist zu hoffen, dass auch in Zukunft, trotz immer geringer werdender Freiräume in unseren Bergen, Platz für alle Spielarten des Kletterns sein wird.

 

Text: Martin Edlinger, Leiter der Abteilung Sportklettern der Naturfreunde Österreich, staatlich geprüfter Berg- und Skiführer

 

Den kompletten Artikel finden sie im Naturfreund 3/2012 und hier zum Downloaden!

Genussklettern im Nationalpark Paklenica, einem tollen Klettergebiet an der kroatischen Adria
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