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Kletterseile - Partner und Lebensversicherung

Die heute erhältlichen Kletterseile sind Hightech-Produkte, die für den jeweiligen Einsatzzweck entsprechend veredelt werden.

Bei den ersten großen Besteigungen der Nordwände in den Alpen verwendete man Hanfseile. Seilrisse gehörten zu den bekannten Gefahren. Es wurde daher nach stabileren und dauerhaften Materialien gesucht. Bis 1941 waren drei verschiedene Seilkonstruktionen gebräuchlich: gedrehte Seile vorwiegend aus italienischem Langhanf, Lütznerseile aus spiralgeflochtenem Langhanf und Seelenseile aus reiner Naturseide. Dann wurden in den USA und Frankreich die ersten Nylonseile hergestellt. 1953 brachte Edelrid das erste Seil mit einem Kern und einem Mantel auf den Markt; das Kernmantelseil kann als die bedeutsamste Entwicklung in der Kletterseilgeschichte bezeichnet werden. Seile mit einem abriebfesten Mantel und einer tragenden Einlagenkonstruktion wurden Standard und sind es heute noch.

 

In den 1960er-Jahren wurden erstmals Seile produziert, die mehrere Stürze hielten, sogenannte dynamische Seile. Ende der 1970er-Jahre hielt die Zwillingsseiltechnik Einzug. Die Seile wurden nun immer spezifischer an die verschiedenen Bedürfnisse angepasst: Mitte der 1990er-Jahre kam beispielsweise das erste schwimmfähige Seil für Canyoning in den Handel.

 

Seit 2009 lässt Edelrid als erster Seilhersteller seine Kletterseile nach dem strengen bluesign®-Standard zertifizieren. Das bedeutet, dass während der ganzen Produktion auf Schadstoffe verzichtet wird und umweltschonende Technologien verwendet werden.

 

Seilproduktion

Ein dynamisches Seil besteht aus dem Mantel und dem Kern. Die perfekte Abstimmung von Mantel und Kern und die Veredelung geben dem fertigen Seil sein spezifisches Profil.

Die Herstellung eines Seils umfasst viele Produktionsschritte: Zuerst wird das Rohmaterial Polyamid zu Zwirnen verdreht, die den Kern des Seils bilden. Durch einen thermischen Prozess werden die Zwirne wie die Mantelgarne geschrumpft, um später Energie aufnehmen zu können, sodass das Seil dynamisch wirkt. Dann wird der Mantel um den Kern geflochten. Das geflochtene Seil sieht zwar schon fertig aus, aber es fehlt ihm noch die Veredelung, die je nach Einsatzzweck (Felsklettern, Eisklettern, Klettern in der Halle) festgelegt wird.

Edelrid beispielsweise verwendet drei verschiedene Veredelungen: Pro Shield für optimierte Gleiteigenschaften und erhöhte Schmutzresistenz; die Dry-Shield-Ausrüstung sorgt dafür, dass das Seil wasser- und ölabweisend ist, und verbessert die Abriebfestigkeit. Thermo Shield ist eine Wärmeveredelung, die für die besondere Geschmeidigkeit der Edelrid-Seile verantwortlich ist.

 

Seile sind Produkte für die persönliche Schutzausrüstungen (PSA). Deshalb muss ein Seil, bevor es zur Produktion zugelassen wird, vom TÜV zertifiziert werden. Das ist ein ziemlich aufwendiges Unterfangen, bei dem nicht nur die Eigenschaften des Seils, sondern auch die verwendeten Werkstoffe, die Gebrauchsanweisung und die entsprechenden qualitätssichernden Maßnahmen des Herstellers unter die Lupe genommen werden. Ist alles in Ordnung, erhält das Seil eine EG-Baumusterbescheinigung, also ein TÜV-Zertifikat.

Ein Auszug aus jeder Produktionscharge wird im Labor technisch geprüft. Außerdem wird bei Edelrid jedes Seil, bevor es zur Verpackung geht, haptisch kontrolliert. Mehrere Millionen Meter laufen durch die Hände der Spezialistinnen, die selbst die kleinsten Unregelmäßigkeiten aufspüren.

Bei einem Besuch des Herstellungswerks im Frühjahr konnten sich die Mitglieder des Alpinkaders der Naturfreunde Österreich von der Qualität der Edelrid-Seilproduktion selbst ein Bild machen.

  

Seiltypen

Einfachseile haben einen Durchmesser von knapp 9 bis 11 mm und wiegen zwischen 50 und 80 g/m. Ein Seil muss jeweils auf das Sicherungsgerät abgestimmt sein, nicht alle Sicherungsgeräte sind für alle Durchmesser geeignet.

Einfachseile sind am meisten verbreitet und haben den vielfältigsten Einsatzbereich. Jedes Seil muss der Europäischen Norm für Einfachseile EN 892 entsprechen. Die Normprüfung gibt Grenzwerte für die Anzahl der Normstürze (mindestens fünf gehaltene), Fangstoßkraft, Seildehnung statisch und dynamisch, Knotenweite und Mantelverschiebung vor. Diese Angaben stehen bei jedem Seil auf dem Hangtag und machen die Seile untereinander vergleichbar.

Halbseile sind zwischen knapp 7,5 und 9 mm dick und wiegen zwischen 42 und 55 g/m. Sie werden im Doppelstrang geklettert und können zum gleichzeitigen Nachsichern von zwei Kletterpartnern verwendet werden. Im Vorstieg ist das einzelne Einhängen in eine Zwischensicherung möglich, um die Seilreibung bei verzwickter Routenführung gering zu halten. Beim Abseilen erweisen sich die zwei mitgeführten Halbseile von Vorteil. Die Normprüfung für Halbseile wird am Einfachstrang mit 55 kg durchgeführt und muss mindestens fünf Normstürze halten. Inzwischen gibt es Seile, die als Einfach-, Halb- und Zwillingsseile geprüft sind und so variabel eingesetzt werden können. Das Edelrid-Seil Swift beispielsweise mit 8,9 mm Durchmesser und einem Gewicht von 52 g/m hält beim Test als Halbseil 22 Normstürze.

Zwillingsseile sind zwischen knapp 7 und 9 mm stark und wiegen zwischen 35 und 55 g/m. Sie dürfen nur im Doppelstrang benutzt werden und werden immer gleichzeitig wie ein Einfachseil eingehängt. So entsteht eine Redundanz, die vor allem bei alpinen Routen gewünscht wird. Auch das Abseilen über die volle Seillänge ist von Vorteil. Der Normtest bei Zwillingsseilen wird im Doppelstrang mit 80 kg Gewicht durchgeführt und muss mindestens zwölf Normstürze halten. Für das extrem leichte (es wiegt gerade mal 35 g/m) und dünne Zwillingsseil Flycatcher (nur 6,9 mm Durchmesser) hat Edelrid ein bestechendes Sicherungsgerät entwickelt, das eine hohe Bremskraft erzeugt.

 

Lebensdauer

Die Lebensdauer eines Produkts ist im Wesentlichen von der Anwendungsart und -häufigkeit sowie von äußeren Einflüssen abhängig. Kein Ausrüstungsgegenstand ist für die Ewigkeit gemacht. Auch wenn ein Seil nicht benutzt wird, altern die Fasern, vor allem bei falscher Lagerung (Gebrauchsanleitung beachten!). Je häufiger und intensiver ein Ausrüstungsgegenstand genutzt wird, desto eher muss er ausgetauscht werden. Um den richtigen Zeitpunkt für den Austausch nicht zu verpassen, muss ein Seil regelmäßig kontrolliert werden, sowohl visuell als auch manuell.

 

Text: Anke von Birckhahn, Fotos: Edelrid

Für jeden Zweck das richtige Seil

Für Eis- und Mixedklettereien ist eine wasserabweisende Ausrüstung des Kletterseils wünschenswert; geklettert wird mit Einfach, Halb- oder Zwillingsseilen.

 

Beim Alpinklettern sind Halb- und Zwillingsseile vorzuziehen, da damit das Abseilen rasanter geht. Auch die bereits erwähnte Redundanz durch die Verwendung von Zwillingsseilen gibt ein Plus an Sicherheit.

 

Für alpines Sportklettern braucht man Seile mit minimalem Gewicht und Durchmesser sowie überzeugender Festigkeit. Eine dauerhafte Mittelmarkierung ist hier ein Mehrwert und Sicherheitsgewinn.

 

Fürs Bigwall-Klettern wünscht man sich ein extrem robustes Einfachseil mit großer Sicherheitsreserve und ausgezeichnetem Handling. Für das Nachziehen von Material kommt ein Statikseil zum Einsatz.

 

Fürs Sportklettern sollten die Seile geschmeidig sein, gut durch die Expressen laufen, schmutz- und wasserresistent sein und natürlich die passende Länge haben.

 

Beim Projektieren kommen nicht die dünnsten Seile zum Einsatz; Einfachseile mit um die 10 mm Durchmesser, die über 8 Stürze halten, sind hier die Wahl. Große Sicherheitsreserven und eine robuste Seilkonstruktion überzeugen beim häufigen Stürzen an Schlüsselstellen.

 

Beim Hallenklettern ist ein erhöhter Mantelanteil ein deutliches Plus. Das Einfachseil nutzt sich so nicht schnell ab. Eine schmutzresistente Ausrüstung ist ein willkommener Zusatznutzen.

 

Zum Topropen eignen sich die Arbeitstiere unter den Seilen: robust, abriebfest, langlebig.

 

Der Alpinkader der Naturfreunde Österreich verlässt sich während der Ausbildung auf das Seil Heron Duotec 9,8 mm, das Aushängeschild der Dry Line von Edelrid. Dank der Dry-Shield-Ausrüstung und des geringen Durchmessers hat das Heron ein besonders großes Einsatzspektrum. Duotec bedeutet, dass die Mitte durch einen Designwechsel gekennzeichnet ist. Die Seilmitte ist daher immer deutlich zu erkennen, was besonders beim Abseilen, beim Seilaufnehmen und bei der Einschätzung der Restseillänge ein großer Vorteil ist.

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