Text: Eva Hörtenhuber und Iris Erber, Fotos: Naturfreunde Bad Ischl, Andrey/AdobeStock
Junge Menschen, die Mitglied einer Kinder- oder Jugendorganisation sind, kamen in der Pandemie besser zurecht und weisen eine stabilere Gesundheit auf, so das Ergebnis der SORA-Studie 2022 im Auftrag der Bundesjugendvertretung (mehr darüber im „Naturfreund“ 2/2023, Seite 18). Eine sinnstiftende Freizeitbeschäftigung ist anscheinend essenziell für eine gute Entwicklung. „Der Alltag in einer derart schnelllebigen und krisengebeutelten Zeit stellt uns und unsere Jugend vor große Herausforderungen. Es werden vermehrt negative Auswirkungen auf die körperliche und psychische Verfassung sichtbar“, weiß die Sozialpädagogin Eva Hörtenhuber, die sich ehrenamtlich für die Naturfreundejugend Österreich engagiert. „Schulisches Wissen allein bereitet nicht ausreichend auf das Leben vor. Auch ein sozialer Umgang miteinander, Durchhaltevermögen und kreative Herangehensweisen sind wichtige Kompetenzen. Handlungs- und erlebnisorientiertes Lernen vertieft in diesem Sinne die Charakterbildung, dient aber auch der Stressreduktion und beugt Bewegungsarmut vor“, ist Eva Hörtenhuber überzeugt.
Im Oktober 2022 startete sie daher gemeinsam mit Stefan Loidl von den Naturfreunden Bad Ischl für Kinder im Volksschulalter die Outdoorgruppe „Lustige Murmeltiere“. Geprägt von den Improvisationen in der Corona-Zeit setzt das Team auf kurzfristige Planung: Die Gruppe trifft sich 14-tägig, die Aktivitäten richten sich nach Wetter und Jahreszeit. „Wir machen Gruppenspiele und Schatzsuchen in Wald und Wiese, Upcycling, hören Fantasiereisen, wandern, bauen Schneeskulpturen, rodeln oder klettern an Felsen“, erzählt die Initiatorin. „Wir halten es einfach und flexibel, die Kinder dürfen mitentscheiden. Neben Spiel, Spaß und Bewegung geht es bei uns auch um Wissensvermittlung rund um Natur, Umwelt und Klima.“
Angebote wie diese finden sich in den Naturfreunde-Programmen in Stadt und Land in ganz Österreich. Gut gemachte Erlebnispädagogik schafft einen sicheren Rahmen, in dem Kinder und Jugendliche ihrer Kreativität freien Lauf lassen, experimentieren und forschen können. Dass das Erfahrungslernen mit allen Sinnen am besten der kindlichen Lebenswelt entspricht, hatten die Pionierinnen und Pioniere der Pädagogik schon früh erkannt. Doch erst seit den 1980er-Jahren boomen die handlungsorientierten Ansätze. Peergroup-Aktivitäten, Rituale, Pausen zur Verarbeitung, Reflexion des Erlebten und der Transfer in den Alltag wurden wichtige Elemente der modernen Erlebnispädagogik.
So stehen auch die „Lustigen Murmeltiere“ jedes zweite Wochenende unter freiem Himmel und vor spannenden Herausforderungen. Eva Hörtenhuber: „Die Natur ist unsere Spielwiese. Unsere Methoden regen möglichst viele Sinne an und lösen bei den Kindern eine hohe Aktivitätsbereitschaft und Freude am gemeinsamen Tun aus.“ Jedes Kind erlebt und verarbeitet das Wahrgenommene auf seine eigene Weise – daher sind auch die Lerneffekte individuell verschieden. Mögliche Entwicklungsziele reichen von Fachwissen und praktischen Fertigkeiten über soziales Verhalten und Problemlösungskompetenzen bis hin zur Persönlichkeitsbildung.
Ein Paradebeispiel dafür ist das Klettern in der Gruppe: Die Kinder lernen die richtige Handhabung der Sicherheitsausrüstung, aber auch anderen zu vertrauen und Verantwortung zu übernehmen. Sie loten ihre Stärken und Grenzen aus, lernen mit Emotionen wie Frustration oder Angst umzugehen, können ihren Mut beweisen und freuen sich über Erfolgserlebnisse. Auch der Teamgeist und der Rollenwechsel beim Klettern und Sichern stärken das Selbstbewusstsein und die zwischenmenschlichen Fähigkeiten. Wie nebenbei werden auch Fitness, Körpergefühl und Konzentrationsfähigkeit gefördert.
Typische Merkmale der Erlebnispädagogik