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Auf den Spuren der Naturfreunde-Bewegung

Vor 125 Jahren wurde in Wien der Touristen-Verein „Die Naturfreunde“ gegründet. Auf 50 Touren, die im kürzlich erschienenen Buch „Berg frei!“ beschrieben sind, kann man nun im wahrsten Sinn des Wortes durch die bewegte Geschichte der Naturfreunde Österreich wandern.

 

Text: Manfred Pils, Präsident der Naturfreunde Internationale (NFI), Präsidiumsmitglied der Naturfreunde Österreich und jahrelanger Chefredakteur des Magazins „Naturfreund“, 

 

 

Vor 125 Jahren waren touristische Aktivitäten ein Privileg des Adels und zunehmend auch des Bürgertums und der Beamtenschaft. Erst der Ausbau der Eisenbahnen, die Sozialgesetze zur Verkürzung der Arbeitszeit und die Einführung des Jahresurlaubs erlaubten es auch der besser gestellten Arbeiterschaft, mehr Freizeit in der Natur zu verbringen. So waren schon die Gründung der Naturfreunde im Jahr 1895 und der Bau des ersten Naturfreunde-Schutzhauses 1907 am Padasterjoch wesentliche Meilensteine für den gleichberechtigten Zugang aller Schichten zu Erholung und Entspannung in der Natur.

 

Berg frei!

Als nächste Hürde stand mit der Kampagne „Der verbotene Weg“ der Kampf ums freie Wegerecht an. Denn die adeligen Grundbesitzer und Jagdpächter wollten auf ihren Besitztümern nicht gestört werden. Die Naturfreunde grüßen sich heute noch mit „Berg frei!“, um die erfolgreich erkämpfte Wegefreiheit und somit den freien Zugang zu den Bergen für alle zum Ausdruck zu bringen.

Bereits 1910 nahmen die Naturfreunde den Naturschutz als Ziel in ihre Statuten auf. 1919 spielten sie bei der Rettung des Lainzer Tiergartens eine wesentliche Rolle.

 

Im Lauf der Jahre entwickelten die Naturfreunde eine umfassende Alpinausbildung, um das Wandern, Bergsteigen, Klettern und Schifahren immer sicherer zu machen. Heute gibt es bei den Naturfreunden mehr als 7000 bestens ausgebildete TrainerInnen, ÜbungsleiterInnen sowie Instruktorinnen und Instruktoren.

 

Ein wichtiger Schwerpunkt der Naturfreunde-Arbeit war der Kampf für die Errichtung der Nationalparks in den Hohen Tauern, am Neusiedler See, in den Donauauen und in den oberösterreichischen Kalkalpen, mit denen wesentliche Teile der österreichischen Naturlandschaft vor weiteren Erschließungen bewahrt werden konnten.

 

Aktiv für einen sanften Tourismus

Auch wenn das Konzept der ökologischen und sozialen Nachhaltigkeit erst in den letzten Jahrzehnten entstanden ist, könnten die Naturfreunde von sich behaupten, dass sie von Beginn an einen nachhaltigen Tourismus verfolgt haben. Wandern, Bergsteigen, Schibergsteigen, Wasserwandern und Radfahren in der näheren Umgebung sind sicherlich die nachhaltigste Form der Freizeitbeschäftigung. Wenn man zur Anreise den öffentlichen Verkehr nutzt, gilt dies noch immer. Die Aktion „Umsteigen vorm Aufsteigen“ sollte hier wesentliche Anregungen bieten, und mit der Schaffung des Naturfreunde-KlimaFonds kann man den CO2-Austoß von Auto- und Flugreisen über Klimaschutzaktionen kompensieren.

 

Die Naturfreunde setzen sich schon seit vielen Jahren aktiv für einen sanften Tourismus ein und wehren sich seit den frühen 1980er-Jahren gegen weitere Erschließungsprojekte in den Alpen. Sie bemühen sich auch, über die Regeln des fairen Mountainbikings das Radfahren in die alpinen Freizeitsportarten zu integrieren und eine Öffnung der Forststraßen für MountainbikerInnen zu erreichen.

 

Die Geschichte der Naturfreunde erwandern

Die historischen Entwicklungen der Naturfreunde kann man ab sofort auf 50 Wandertouren nachvollziehen. Im Folgenden werden drei Routen vorgestellt, die auch im Winter gut begangen werden können.

 

Mödling–Anninger (675 m)–Gumpoldskirchen

Einkehrmöglichkeiten: Waldrast Krauste Linde, Anninger Schutzhaus, zahlreiche Gasthäuser und Heurige in Gumpoldskirchen

Route: Mödling Bahnhof (215 m), Klause, Breite Föhre, Waldrast Krauste Linde, Anninger Schutzhaus, Anninger Wilhelmswarte (675 m), Rotes Kreuz, Bahnhof Gumpoldskirchen (210 m)

Die erste Wanderung der Naturfreunde wurde am 14. April 1895 auf den Anninger durchgeführt. Die Teilnehmenden trafen sich am Wiener Südbahnhof, das Erkennungszeichen war die „Arbeiter-Zeitung“. Diese brachte in ihrer Ausgabe vom 19. April 1895 folgenden Bericht:

„Die touristische Gruppe der Wiener Sozialdemokraten unternahm am Ostersonntag von Mödling aus durch die Klause über die ,Breite Föhre‘ und ,Krauste Linde‘ einen Ausflug auf den Anninger. Von da ging es nach Gaaden, wo mittags Station gemacht wurde, und zum Schluss durch die Hinterbrühl unter fröhlichen und ernsten Arbeitergesängen bis zum Mödlinger Bahnhof zurück. Die Teilnehmerzahl betrug 62.“

3,5 Std./10,5 km/461 m ↑

 

 

Lilienfeld–Traisnerhütte (1313 m)

Einkehrmöglichkeit: Traisnerhütte der Naturfreunde (im Winter von Mittwoch bis Sonntag geöffnet)

Route: Der Aufstieg erfolgt vom Parkplatz (500 m) des Muckenkogel-Sesselliftes (der im Winter derzeit nicht in Betrieb ist) über die Schistraße auf das Lilienfelder Gschwendt (Varianten über den Jägersteig) oder über den Wasserfallweg (versicherter, alpiner Steig) zum Kolm und weiter zum Lilienfelder Gschwendt, dann wie oben zur Hütte. 

 

Die Naturfreunde zählen zu den Pionieren des Schilaufs. Der Lilienfelder Mathias Zdarsky entwickelte eine alpentaugliche Schibindung und mit der Einstocktechnik auch eine neue Methode zur Bewältigung steiler Abfahrten. Er unterrichtete auch viele SchifahrerInnen, darunter viele Mitglieder der Naturfreunde, die 1905 ihre erste Schischule gründeten. Die Wintersportgruppe der Wiener Naturfreunde hatte 1912/13 bereits 1233 Mitglieder und war damit die größte aller alpinen Vereine.

ca. 3 Std./5,7 km/891 m ↑

 

 

Zell-Pfarre–Koschutahaus (1279 m

Einkehrmöglichkeit: Koschutahaus der Naturfreunde (im Winter an den Wochenenden geöffnet)

Route: von Zell-Pfarre (938 m) auf dem Wanderweg zum Koschutahaus

Bereits 1906 führten die Naturfreunde eine jahrelange Kampagne für das freie Wegerecht im Wald und im Bergland. Ein großer Teil der in dieser Zeit gesperrten Regionen lag auch in den Karawanken. In der Ersten Republik entschärfte sich dieser Konflikt etwas, aber in den 1970er-Jahren nahmen die Auseinandersetzungen mit den Grundbesitzern und vor allem mit der Jägerschaft wieder zu. Auf ihrer Hauptversammlung 1972 in Klagenfurt forderten die Naturfreunde erneut eine gesetzlich garantierte uneingeschränkte Öffnung der österreichischen Wälder zum Nutzen aller Menschen. 1975 wurde das Forstgesetz beschlossen, welches das Begehen der Wälder zu Erholungszwecken sicherstellt.

1,5 Std./3,4 km/374 m ↑

Buchtipp

Manfred Pils

BERG FREI!

Die 50 schönsten Touren auf den Spuren der Naturfreunde-Bewegung

Softcover, 20 x 11 cm, 256 Seiten, Kral-Verlag, November 2019, 15 € für Naturfreunde-Mitglieder, 17 € für Nichtmitglieder

Dieses neu erschienene Buch von Manfred Pils führt dich zu den Anfängen der Naturfreunde-Bewegung und zu zahlreichen historischen Highlights ihrer 125-jährigen Geschichte. Die Beschreibungen der 50 Routen machen Lust zum Nachwandern, und die vielen informativen Texte über die Entwicklung der Naturfreunde lassen einen die Bedeutung des „sozialen Wanderns“ bewusst werden.

Kampagne der Naturfreunde Internationale

„125 Aktivitäten für eine nachhaltige Entwicklung“

Die Förderung einer nachhaltigen Entwicklung von Umwelt und Gesellschaft ist ein Kernanliegen der Naturfreunde-Bewegung seit ihren Gründungstagen. Mit Tausenden Aktivitäten haben sich die Naturfreunde in den vergangenen 125 Jahren weltweit für ihre vielfältigen Ziele engagiert: vom Kampf für die Wegefreiheit über die Entwicklung umwelt- und sozialverträglicher Tourismus- und Freizeitangebote bis hin zum Einsatz für Natur- und Umweltschutz, Klimagerechtigkeit und internationale Solidarität.

Die Kampagne der Naturfreunde Internationale (NFI) „125 Aktivitäten für eine nachhaltige Entwicklung“ soll einen Überblick über die Vielfalt von Naturfreunde-Aktivitäten bieten, die zu einer nachhaltigen Entwicklung beigetragen haben bzw. immer noch beitragen. Ergänzend dazu wird der Jubiläumskongress der Naturfreunde Internationale am 13. Juni 2020 in Wien einen Forderungskatalog verabschieden, der zeigen soll, wie sich die Naturfreunde für eine gute Zukunft für alle Menschen einsetzen.

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