Start in die gemeinsame Zeit
Text: Tanja Kuster, Alpinkaderteilnehmerin, Fotos: Stefan Voitl, Tanja Kuster,
Bergsteiger kennen das. Wenn man sich zum ersten Mal trifft, wird einmal abgecheckt. Wo steht der andere im Vergleich zu mir? Was hat er alles schon gemacht? Wie könnte das beim ersten Treffen des Alpinkaders 3.0 der Naturfreunde auch anders sein. Und genau das war der erste Tag: Ein Abchecken. Ein vorsichtiges Herantasten an das Gegenüber. Keiner wollte zu viel von sich preisgeben, keiner wollte schlecht dastehen. Die Anspannung war förmlich in der Luft zu spüren.
Doch während der folgenden Zeit merkten wir, dass wir, obwohl wir aus unterschiedlichen Bereichen des Bergsports kommen und obwohl wir verschiedene Kletterniveaus und Erfahrungslevel haben, doch die gleichen Ängste, Befürchtungen, aber auch Hoffnungen und Träume teilen. Und das schweißte uns zusammen.
Während der vier Tage Sportkletterkurs vom 11. bis zum 14. Juni hatten wir unendlich viel Spaß und lachten zwischendurch sogar Tränen. Wir feuerten uns gegenseitig an und schrien die Kletterpartner die Routen rauf: „Getscha!“, „Aufi mit deim Kadaver!“, „Gemma prügeln!“, schallte es durch die Klettergärten.
Dieser Kursteil fand im Salzburger Land statt, wir besuchten die Kletterspots Plombergstein und Barmstein. Jeder einzelne von uns gab kraft- sowie bewegungstechnisch alles, um das eigene Kletterniveau zu verbessern und möglichst viel zu lernen. Zu den von uns gekletterten Schwierigkeiten ein geniales Zitat von unserem Ausbildner Timo Moser: „Die Routen für euch da vorne sind so 6c, 7a, 7c, 7b und weiter oben sind die schweren...“
Nach den anstrengenden Einheiten trafen wir am Campingplatz ein, wo wir mit unseren Campingbussen einen Kreis bildeten, in dessen Mitte wir zusammensitzen und einmal kurz entspannen konnten. Den Gesichtsausdruck unseres Stellplatznachbarn, als ein Multivan nach dem anderen neben ihm einrauschte, werden wir wohl auch nie vergessen. Doch entgegen seiner Befürchtungen feierten wir keine wilden Partys, sondern hatten auch am Campingplatz noch Kursprogramm: Sicherungstechnik, Kletterverletzungen, Tapen, eine Videoanalyse der persönlichen Klettertechnik, etc.
Danach ging es aber ans Kochen fürs Abendessen und da hatten wir wieder unseren Spaß. Beispielsweise hatte niemand eine Schüssel dabei, die groß genug war, um für alle Salat zu machen, weshalb wir kurzerhand eine Transportbox aus dem Baumarkt als Salatschüssel umfunktionierten. Schließlich konnten wir noch ein paar gemeinsame Stunden verbringen, tratschen und uns einmal abseits des Alpinsports kennenlernen.
Das Ende des Sportkletterteils bildete mit dem Thema Rettungstechnik einen fließenden Übergang zum Alpinkletterkurs, welcher vom 8. bis zum 13. August stattfand. Einige Tag verbrachten wir dort mit fleißigem Üben im Klettergarten. Wir lernten, wie man einen Verletzten in einer Kletterroute zu sich hinauf an den Stand bringt, aber auch wie man gemeinsam mit ihm bis zum Wandfuß abseilt. Das forderte uns, bis die Köpfe rauchten.
Deswegen und auch weil es am Nachmittag ziemlich heiß war, half nur noch die Abkühlung im schönen Tristachersee, der sich direkt neben unserem Campingplatz befand. Doch viel Zeit zum Chillen blieb uns nicht. Bis spät in der Nacht arbeiten wir an Tourenplanung und organisatorischen Themen. Am Morgen mussten wir dann auch meistens früh raus, um dem am Nachmittag drohenden Gewitter zu entgehen und genug Zeit für Touren und Kurseinheiten zu haben.
Zuerst standen das Anbringen von mobilen Sicherungsmitteln und der alpine Standplatzbau im Klettergarten am Programm. Für manche von uns war das nur Wiederholung, doch schon bald wurden wir ordentlich gefordert, denn wir lernten mit den mobilen Sicherungsmitteln technisch zu klettern. Es zeigte sich: Erst wenn du deinen Friend mit dem eigenen Körpergewicht einmal richtig belastet hast, vertraust du ihm wirklich.
Das Highlight der Woche waren dann unsere Touren an den drei Zinnen in den Sextener Dolomiten. Im Zuge des Kurses wurden die Routen „Gelbe Kante“ auf die kleine Zinne, „Cassin“ auf den Preußturm und „Hasse Brandler“ auf die Große Zinne von verschiedenen Seilschaften geklettert. Die Touren waren wunderschön, fordernd und wir konnten viel von dem anwenden, was wir in den letzten Tagen gelernt hatten. Hierhin folgte uns auch der Profifotograf Stefan Voitl, der uns beim Klettern in der Südwand der kleinen Zinne ablichtete.
Ob alpinistisch, organisatorisch oder bei Leben und Haushalt am Campingplatz: Jeder von uns beim Alpinkader bringt das ein, was er gut kann und so sind wir jetzt ein Team, anstelle von Einzelkämpfern, die sich gegenseitig abchecken.