Mayerlrampe

Im Herbst letzten Jahres machten sich Alex Lechner und Clemens Jerabek auf, die Mayerlrampe zu erklimmen, einen der schwierigsten Eisanstiege am Großglockner. Die beiden gehören dem Alpinkader der Naturfreunde Österreich an, der jungen ambitionierten Alpinisten die Möglichkeit gibt, drei Jahre lang gemeinsam zu lernen, Erfahrungen zu sammeln und sehr anspruchsvolle Touren zu unternehmen.

 

Text: Alex Lechner, Mitglied des Alpinkaders der Naturfreunde Österreich

 

Das letzte Oktoberwochenende steht vor der Tür, Schneefälle im Hochgebirge und kalte Temperaturen machen kombinierte Anstiege wieder attraktiv. Als der Wetterbericht auch noch strahlenden Sonnenschein und stabiles Herbstwetter prophezeit, gibt es für mich kein Halten mehr. Ich will unbedingt zum Großglockner, um eine Route durch die Nordwand zu klettern - etwas, was ich mir schon seit Jahren vornehme. Aber wie das bei kombinierten Anstiegen eben so ist, es muss alles passen: die Eis- und Schneeverhältnisse, das Wetter, die Temperaturen, der Kletterpartner …

 

Glücklicherweise kann ich Clemens, der wie ich zum Alpinkader der Naturfreunde gehört, erreichen und für mein Vorhaben begeistern. Wir entscheiden uns, die Mayerlrampe, benannt nach ihrem Erstbegeher Sepp Mayerl, zu durchsteigen.

Also alles zusammenpacken, noch schnell die Frontalzacken der Steigeisen schleifen, eine volle Gaskartusche checken, und auf geht’s.

 

Am frühen Nachmittag schultern wir am Parkplatz der Kaiser-Franz-Josefs-Höhe unsere Rucksäcke (meiner war schon mal leichter …) und steigen zum rapide schwindenden Pasterzengletscher ab. Von hier marschieren wir schnurstracks Richtung Biwakschachtel und freuen uns, dass keine Spuren zu sehen sind. Das könnte ja eine echt gemütliche Nacht werden. Über harschigen Schnee und teilweise Blankeis stapfen wir zu dem Metallkasten, der etwa so groß wie ein Van ist. Doch wir haben uns zu früh gefreut: Während wir unser Eisenzeug sortieren und ich meinen Jetboil anheize, kommt eine Seilschaft rauf. Schließlich liegen wir  zu zwölft in dem Metallkasten, der nun schier aus seinen (Schweiß-)Nähten platzt. Den Rest der Nacht verbringe ich damit, Löcher in die Dunkelheit zu starren …

 

Genusskletterei

Endlich dämmert es, und das Morgenritual kann beginnen: Schnee schmelzen, trinken, ein bisschen Frühstück runterwürgen, Gurt anziehen, Eisen anlegen, anseilen.

 

Wenig später stapfen wir auf den Bergschrund zu, der sich erstaunlich einfach überwinden lässt. Am laufenden Seil klettern wir über die Flanke aus Schnee, Eis und Fels zum markanten Einstieg der Rampe. In der Rampe erwartet uns teilweise blankes Eis mit einer Neigung um die 60 Grad. Wir verlegen uns auf Standplatzsichern und Klettern, bis alles Seil ausgegeben ist und der Vorsteiger einen neuen Standplatz einrichten muss.

 

Auf diese Art pickeln wir uns ziemlich schnell zum Ausstieg der Rampe hoch. Dort haben wir eine atemberaubende Aussicht auf die Südseite des Großglockners. Schnell wirft sich jeder von uns ein paar Meter Seil über die Schulter, und wir queren zum Nordostgrat hinüber, dem wir nun bis zum Gipfel folgen.

 

Um Zeit zu sparen, klettern wir am Grat gleichzeitig. Der vereiste Grat verlangt zwar einen umsichtigen Kletterstil, ist aber nie wirklich schwierig, quasi kombinierte Genusskletterei.

Kurz vor Mittag stehen wir schon „at the top of Austria“ und beglückwünschen uns zu dieser gelungenen Tour.

 

Bereits auf dem Rückweg überlegen wir, was wir als Nächstes unternehmen wollen. Zum Glück halten die Berge noch genügend viele Herausforderungen bereit!

Loading