Expeditionstagebuch Abschlussexpedition Peru
Donnerstag, 21. August 2014: Esfinge, die Zweite, entlang der „Cruz del Sur“
Text von Peter Ehrengruber
Zurück vom Cayesh kommen wir wieder nach Huaraz, das mittlerweile fast unsere zweite Heimat geworden ist. Doch wie schon beim Rausgehn aus dem Tal des Cayesh kommen auch am Dienstag Abend beim Feiern unsere Gespräche schon auf das nächste Projekt: eine Woche haben wir noch Zeit, da geht noch was! Von Eis, Schnee, Kälte und dünner Luft haben mittlerweile aber eigentlich alle die Nase voll. Was bleibt also noch?
Als Stefan und ich vor einigen Wochen das erste Mal am Esfinge unterwegs waren, trafen wir drei fitte Amerikaner schon etwas älteren Semesters, die uns von einer recht anspruchsvollen Tour weiter links der „1985 Route“, die wir bei unserem ersten Besuch durchsteigen konnten, erzählten. Der Name: „Cruz del Sur“. Sie selbst seien sie nie geklettert, hätten aber schon darüber nachgedacht. Ca. 800 Klettermeter lang zieht sie recht weit links in der Wand steil nach oben, eine angeblich geniale Freikletterei im Grad 7c+ vom legendären Mauro „Bubu“ Bole. Ganz so schwierig wird sie allerdings mittlerweile nicht mehr gehandelt, und der Meinung einiger Wiederholer zufolge soll sich die Schlüssellänge mehr im Bereich 7b befinden – was wir, soviel sei verraten, guten Gewissens bestätigen können. Die Herausforderung liegt allerdings nicht in der reinen Schwierigkeit, sondern in der Kombination aus Seehöhe, Länge und anhaltender, anspruchsvoller Freikletterei in der Tour – von den ersten 9 der insgesamt 16 Längen befinden sich 6 im siebten Franzosengrad, und auch ganz oben steilts nochmal auf...alles in allem eine Tour ganz nach unserem Geschmack. Also beschließen wir, Donnerstag Morgen nochmal zum Paron-See aufzubrechen. Alex, Berni und Roli wollen sich diesmal anschließen und ihrerseits die „1985 Route“ klettern.
Nach einer kurzen Nacht, 2 Stunden im Collectivo (einem peruanischen Sammeltaxi) und einer weiteren, holprigen Stunde im Auto stehen wir am frühen Donnerstagnachmittag wieder am Ufer der Laguna Paron. Diesmal jedoch kennen Stefan und ich den Weg, und nach 1,5 Stunden auf einer steilen Moräne befinden wir uns bereits im Basecamp. Wie schnell doch alles geht wenn man gut akklimatisiert ist! Das übliche Nachmittags- und Abendprogramm nimmt seinen Lauf... Zelte aufstellen, trinken, kochen, Material sortieren und mit dem Sonnenuntergang in den warmen Schlafsack... interessanterweise war es auf keinem unserer Gletschercamps so kalt wie im Basislager der Esfinge; in der Früh ist alles, was sich nicht im Zelt befindet, entweder gefroren oder mit einer dicken Eisschicht überzogen. Roli geht’s am Abend nicht besonders gut, er weiß noch nicht ob er mitklettern kann.
Pünktlich um halb 9:00 stehen wir am nächsten Morgen am Einstieg. Alex und Berni befinden sich 150 m rechts von uns, wir sehen sie nicht, können sie aber hören... Roli ist im Camp geblieben, Magenprobleme. Angesichts der komplett glatten Platten in der zweiten und dritten Länge überkommen Stefan und mich zwar leichte Zweifel, aber sowohl das Topo als auch das Wandfoto sind eindeutig; hier ist der Einstieg, und oben geht’s mitten durch die goldene Platte links des schwarzen Wasserstreifens nach oben. Außerdem sehen wir schon eine Köpflschlinge als ersten Stand herunterleuchten...also los! Nach 10 min hänge ich am Köpfl und schaue misstrauisch nach oben. Okay, die zweite und dritte Länge sollen die schwersten der Tour sein, aber nach 7c+ oder gar 7b sieht die Platte über mir beim besten Willen nicht aus. Und man sieht auf den nächsten 25 m genau einen Bolt, der nach ein paar Metern herunterblinkt... mitsamt eingehängtem Rückzugskarabiner. Ich sichere Stefan nach, aber die ganze Sache kommt mir etwas spanisch vor. Als wir beide am Stand hängen sind wir uns einig, dass die Linie über uns ein Verhauer sein muss...falls sich die Platte frei klettern lässt, würde das auf der UIAA-Skala wohl eine Tour mindestens im elften Grad ergeben. Keine Struktur, keine wirklichen Griffe und Tritte... vielleicht ein Projekt für kommende Generationen, wir hingegen sind hier sicher falsch und nicht in der „Cruz del Sur“. Aber jetzt sehen wir 15 m links von uns in einer super aussehenden Verschneidung vereinzelt Bohrhaken... insgesamt 3 auf 50 m, das deckt sich genau mit der zweiten Länge unserer Tour! Also etwas abseilen und nach links queren... wir finden auf Anhieb einen Stand, und ohne weiter drüber nachzudenken klettern wir los. Vielleicht ist das unsere Tour, vielleicht auch eine andere... egal, wir wollen klettern, und da wir mittlerweile etwas spät dran sind legen wir einen Zahn zu. Spätestens in der dritten Länge wird uns klar, das muss unsere Tour sein; die Schwierigkeiten stimmen, und die spärliche Ausstattung mit Bohrhaken, die viel Raum zum selber Absichern lassen, auch. Stefan fightet über die Schlüsselstelle in der dritten Länge – ein kurzer Überhang, oben raus ein Riss. Onsight! Mir rutscht an genau der Stelle leider der rechte Fuß vom glatten Tritt, als ich den guten Griff eigentlich schon in der Hand halte. Macht nix, weiter geht’s. Länge um Länge genialster Granitkletterei zieht ans uns vorüber, anhaltend schwer und sicher nicht übersichert. Nach den ersten neun Längen können wir kurz verschnaufen, es wird etwas leichter...vier Längen im sechsten und siebten Grad, bevor´s oben raus nochmal anzieht.
Mittlerweile ist die Sonne weg und am Stand ist es ganz schön kalt. Die Berge rundherum leuchten zuerst golden und dann rot in der immer tiefer sinkenden Sonne. Die erste Länge und zwei Mal Routensuchen im oberen, unübersichtlichen Teil haben uns Zeit gekostet. Wir stecken unsere Stirnlampen in die Jackentasche und weiter geht’s. Beim letzten Licht richte ich kurz unter dem Gipfelgrat den letzten Stand ein, Stefan kommt nach. Wir nehmen das Seil auf, wechseln in die Zustiegsschuhe und klettern die letzten, leichten Meter seilfrei zum Gipfel. Als wir oben über die Gratkante kommen, leuchtet der ganze Himmel Richtung Westen blutrot...ganz weit unten das Städtchen Caraz, und am Horizont kann man den Pazifik erahnen. Der wohlverdiente Lohn für den langen Tag. Wortlos stehen wir da und bewundern das Naturschauspiel...bis auch das letzte Licht weg ist. Raus mit den Stirnlampen, und nichts wie runter.
Da wir den Abstieg von unserem letzten Besuch schon kennen, haben wir keine Eile und finden uns trotzdem super zurecht. Den Grat entlang bis zu seinem tiefsten Einschnitt, 3 Abseiler und schon stehen wir mitten in den großen, flachen Plattenfluchten des ganz rechten Wandteils. Runter auf die Moräne und dann endlos diese entlang, bis nach einer gefühlten Ewigkeit endlich die Reflektorstreifen unserer Zelte im Lichtkegel auftauchen.
Die Anderen liegen bereits im Schlafsack, aber während wir uns noch eine Suppe kochen, berichten sie uns von ihrem Tag... am Anfang lief es eigentlich super, aber in den schwereren Längen im Mittelteil verloren sie zu viel Zeit. Nach kurzem Nachrechnen entschieden sie sich dann auf halbem Weg, umzudrehen, da es sonst mit Sicherheit finster geworden wäre. Und im Gegensatz zu uns kannten die Beiden den Abstieg nicht, dessen erster Teil bis zu den Abseilstellen in völliger Dunkelheit gar nicht einfach zu finden ist. Eine kluge Entscheidung. Wir löffeln noch unsere Suppe und fallen dann ins Zelt. Eine würdige Abschlusstour, da sind wir uns einig.
Am nächsten Morgen packen wir zusammen und machen uns wieder auf den Weg bergab... um 11:00 haben wir uns mit dem Taxi am See verabredet. Um Punkt halb 11:00 sind wir da. Wir warten, und warten, und warten... um 12:00 sind wir noch recht zuversichtlich, schließlich ist eine Stunde Verspätung für ein peruanisches Taxi nicht ungewöhnlich. Um 1:00 dann schon weniger, und um 2:00 sind wir recht sicher dass wir heute wohl nicht mehr abgeholt werden. Glücklicherweise finden wir einen Bus mit einer katholischen Ausflugsgruppe peruanischer Bauern, die um halb 4:00 nach Caraz fahren. 23 Leute in einem Bus mit 15 Sitzen, peruanische Platzverhältnisse auf einer Staubpiste die den Namen eigentlich nicht verdient... doch es geht, irgendwie geht’s immer!
Umsteigen ins Collectivo und nochmal 2 Stunden retour nach Huaraz. Wir sind zwar ziemlich müde, aber da es Samstag und unser letztes Wochenende in der Stadt ist, lassen es sich ein paar von uns natürlich nicht nehmen, noch einen Sprung ins Tambo zu schauen... heimgekommen sind wir schlussendlich im Morgengrauen, aber das ist okay. Fast 7 Wochen mit unglaublichen Touren und Erlebnissen liegen hinter uns, wir sind alle gesund und immer noch Freunde – wenn das kein Grund zum Feiern ist, was dann?
Samstag, 16. August 2014: Cayesh is calling! (5.721 m, im Nationalpark Huascarán)
Text von Roli Stremitzer
Nach einigen Diskussionen in unserem Stammkaffee, dem Andino, konnte ich Stefan und Peter davon überzeugen dass wir einen Versuch am Cayesh machen sollten. Der Cayesh ist ein gewaltiger Berg der auf allen Seiten steil ist und keinen leichten Anstieg hat. Am 16. August war es dann soweit: Peter, Berni, Stefan und ich marschierten 4 Stunden durchs Quilcayhuancatal zurück zum Talschluss, wo wir unser Basecamp hatten. Alex war leider krank und blieb in Huaraz. Berni ist mit uns mitgegangen und hat sich einen leichten 5.000er vorgenommen. Im Basecamp angekommen, ging es mit den üblichen Verlauf weiter. Zelte aufstellen, Wasser kochen, essen, trinken, und in der Sonne liegen! :-) Nach einer gemütlichen Nacht und einem ausgiebigen Frühstück richteten wir unser Material für das Hochlager am Cayesh her. Berni war schon früh am Morgen aufgebrochen. Bestens akklimatisiert hatte er einen guten Schritt drauf und war bereits um 10:00 Uhr bei uns zurück im Basecamp. Berni war so nett, und half uns noch beim Materialtransport Richtung Hochlager. Ab dem Gletscher verabschiedete er sich von uns, und wir drei gingen alleine weiter. Auf einem ebenen Platz, knapp unter der Wand stellen wir unsere Zelte auf. Der Nachmittag wurde wieder zum Schnee schmelzen, Wand begutachten, und in der Sonne sitzen genutzt! ;-)
Die Route die wir uns ausgesucht hatten, wurde bereits vor zwei Wochen von einem Team aus Ecuador geklettert und hat mir einen super Eindruck gemacht. Eigentlich hatte ich einen Tipp von Ryan und Steve, zwei Amerikanische Freunde, bekommen. Sie hatten mir ein Foto vom Cayesh gezeigt, und gemeint dass diese Linie noch niemand geklettert ist und wir es mal versuchen könnten. Hochmotiviert ging ich ins Bergführer Büro um mich zu erkundigen, bzw im Routenbuch nachzuschauen ob wirklich noch niemand diese Route gemacht hat. Als ich die letzte Seite vom Routenbuch aufschlage staune ich nicht schlecht. Genau unsere Linie wurde vor einer Woche von dem Team aus Ecuador gemacht!! Da kann man leider nichts machen. War mir aber ziemlich egal, da dieser Berg und diese Linie so cool sind, dass wir sie sowieso klettern wollten :-)!! Im Hochlager schauten wir uns noch den genauen Routenverlauf unserer Tour, und den der „German Route“ an. Über die German wollten wir abseilen. Unsere Route geht meistens im Eis hinauf, hat aber immer wieder super mixed Längen dabei.
Am nächsten Morgen um 5:20 starteten wir vom Hochlager zum Einstieg. Um 6:00 Uhr gings los. Die erste Länge, ein abdrängender Eisbauch, war gar nicht so leicht und uns wurde gleich warm :-)! Danach gings am laufenden Seil weiter bis wir zur ersten Mixedlänge kamen. Hier haben wir gleich eine andere Linie wie die Ecuadorianer erwischt. Da der Fels am Cayesh nicht der festeste ist, teilweise ziemlich glatt, war es gar nicht so leicht. Als mir dann noch ein Fuss abgerutscht ist bin ich gleich wieder zwei Meter tiefer im Camelot gesessen :-D!! Beim zweiten Anlauf hat es dann gepasst und wir kamen wieder in eher leichteres Gelände. Über echt super kletterei, teilweise im Fels, dann wieder im Eis ging es hinauf. Die Schlüsselseillänge hat einen nicht abzusichernden Felsteil, und direkt danach einen senkrechten Eisteil. Mit der Bewertung M6/ WI 5+ wird das ziemlich genau passen. Im Anschluss geht es großteils über Eis weiter Richtung Gipfel. Die letzten Meter waren dann noch einmal ziemlich anstrengend. Durch die Sonne war es ziemlich heiß, auf 5.700 m ist man auch unterwegs, und dann kam noch dazu, dass bei Peters Steigeisen der Monozack abgebrochen ist. Trotzdem waren wir nicht langsam unterwegs und nach 8 Stunden standen wir überglücklich am Gipfel. Dazu kam noch dass wir an diesem Tag absolutes Traumwetter, wolkenlos und windstill, hatten :-)!! Nach unserer Pause am Gipfel, machen wir uns auf den Weg zum Abseilen. Der erste Abseiler ist nicht so leicht, da man vom losen Schnee im Gipfelbereich erst in die German Route hinein kommen muss. Zum Glück fanden wir ein bisschen Eis für eine Eissanduhr. Als wir dann auf der German Route waren ging es recht flott dahin. Die Stände sind zwar nicht immer die besten, aber man kommt eigentlich recht gut hinunter. Um 18:00 Uhr waren wir wieder zurück beim Zelt. Im letzten Licht bauten wir noch schnell unser Lager ab und machten uns noch auf den Weg ins Basecamp, das wir um kurz nach 20:00 Uhr erreichten. Nach einer kleinen Stärkung fielen wir zufrieden in unsere Schlafsäcke. Am nächsten Morgen ging es dann nur noch zurück nach Huaraz.
Für mich war diese Tour mit Sicherheit das Highlight unserer Expedition. Ein wunderschöner Gipfel über eine super Route bei traumhaften Wetter. Herz was willst du mehr :-D!?!?!?
Samstag, 09. August 2014: Besteigung des Tocllaraju (6.032 m)
Text von Alex Lechner
Am 7. August kommen wir aus der Gebirgskette der Cordillera Huayhuash nach Huaraz zurück. Roli, der krankheitsbedingt schon früher abreisen musste, ist mittlerweile gut erholt und brennt darauf, wieder in die Berge zu gehen. Da ich in letzter Zeit ebenfalls keinen Gipfelerfolg für mich verbuchen konnte, war ich natürlich sofort bereit etwas mit ihm anzugehen. Peter, Berni und Stefan können erstmal keinen Schnee mehr sehen und wollen für ein paar Tage zum Sportklettern. Wir entscheiden uns schliesslich dazu, ins Ishincatal zu gehen und die Westwand des Tocllaraju zu versuchen. Eine wenig begangene Eisroute mit einer durchschnittlichen Wandneigung um die 60° und einigen steilen Abschlusspassagen, bei denen die Route durch Seraczonen verläuft.
Doch wie das in den Anden so ist, müssen wir erst mal zum Berg hinkommen, was zwei Tage in Anspruch nimmt: zuerst geht’s mit dem Taxi eine Stunde bergauf, dann treffen wir unseren Eseltreiber am Ende der holprigen Staubpiste. Der Esel bekommt eine Expeditionstasche mit unserem Material umgeschnallt. Steigeisen, Kocher, Zelte, Proviant und Seil darf erst mal das brave Tier tragen. Die Rucksäcke sind trotzdem noch schwer genug, als wir uns auf den vierstündigen Marsch ins Tal hinein begeben. Nach unserer Ankunft im Ishinca Basecamp, auf 4.400 m, stellen wir unser komfortables Zelt auf und verbringen den restlichen Tag mit kochen, herumspazieren und dösen. Am Morgen des 10. August packen wir schliesslich wieder unsere Rucksäcke, diesmal sind sie um einiges schwerer als am Vortag, und marschieren weiter in Richtung Camp1, auf 5.000 m, unser Ausgangslager für den Gipfelversuch. 600 Höhenmeter sind in den heimischen Bergen kein Problem, zwischen 4.000 und 5.000 m und mit einem 20-25kg schweren Rucksack, jedoch nicht immer ein Vergnügen. Roli legt wie immer ein beachtliches Tempo vor und nach der Hälfte der Strecke ist er aus meinem Blickfeld verschwunden. Ich lasse mir Zeit und komme wohl erst eine halbe Stunde nach ihm im Hochlager an. Das Lager befindet sich auf einem Felspfeiler, von dem ein Schneehang direkt auf den Gletscher zieht.
Wir wiederholen das altbekannte Ritual: Zeltaufbauen (diesmal das weniger komfortable Leichtgewichtszelt), kochen, essen, trinken. Mit uns befinden sich noch zwei weitere Gruppen im Lager, die den Normalweg versuchen wollen, unsere Abstiegsroute. Ausser uns sind alle mit Trägern und Guides unterwegs. Um 18:00 Uhr verschwindet die Sonne und die Kälte zieht auf. Wir ziehen uns ins kleine Zelt zurück und kriechen in die Schlafsäcke. Das einschlafen fällt schwer und um 22:00 Uhr dämmere ich endlich weg. Als um 00:30 Uhr der Wecker läutet, fühle ich mich noch ziemlich müde. Hilft jedoch nix, Roli ist schon beim Anziehen und ich beeile mich, auch aus den Federn zu kommen, damit er nicht auf mich warten muss. Einen Riegel gibt’s zum Frühstück, dann wird noch schnell gekocht, damit die Trinkflaschen wieder voll sind und ein wenig vor den anderen Gruppen starten wir zum Wandfuss.
Ein paar Spalten müssen umgangen werden, manchmal trägt der Schnee gut, manchmal wurde er vom Wind in Mulden verfrachtet und man steht bis zum Knie im Pulver. Einmal breche ich durch eine Schneebrücke, kann jedoch dank straffem Seilzug auf allen vieren schnell wieder Herauskriechen. Auf ca. 5.400 m befindet sich der Bergschrund. Wir nehmen unser Restseil aus dem Rucksack und sichern erstmal vom Standplatz. Roli entdeckt eine Stelle, an der sich der Bergschrund gut überwinden lässt. Der Schnee über dem klaffenden Spalt ist gut, die Eisgeräte beissen und so ist diese kurze, überhängende Stelle kein Problem.
Weiter geht’s grösstenteils im Blankeis, stellenweise ist eine gute Schneeauflage vorhanden. Dort kann zumindest die Wadenmuskulatur etwas entlastet werden. Unseren Plan, die Wand am laufenden Seil zu durchklettern, verwerfen wir. Zu anstrengend ist es in den Füssen, ohne Pause am Standplatz im blanken Eis zu klettern. Dennoch kommen wir schnell voran, meistern im Dunkeln die steilen Seracpassagen und erreichen bei Sonnenaufgang einen Schneegrat, der uns in kürze, so glauben wir, auf den Gipfel führen wird. Tja, leider falsch gedacht: der Grat zieht sich in die Länge und hält vor allem Pulverschnee für uns bereit. Bis über die Knie stehen wir drin und spuren vorwärts. Auf fast 6.000 m eine ziemlich anstrengende Angelegenheit. Aber das beste kommt zum Schluss: statt dem Gipfel erwartet uns ein senkrechter Pilz aus Schnee und faulem Eis. Hilft nix, da müssen wir auch noch rauf, die Abstiegsroute befindet sich schliesslich auf der anderen Seite.
Schliesslich ist auch dieses Hindernis überwunden und wir finden uns, ca. 6 Stunden nach unserem Aufbruch vom Hochlager, auf dem Gipfel des Tocllaraju, 6.032 m, wieder. Wir sind superglücklich. Für mich ist es der erste 6000er, für Roli der zweite und wir konnten den Berg auch noch über eine technisch anspruchsvolle Route besteigen. Für einen kurzen Moment vergessen wir sogar die beissende Kälte und den schneidenden Wind. Doch um länger als zehn Minuten am Gipfel zu bleiben, ist es dann doch zu Kalt. Da helfen auch die dicken Daunenjacken nichts mehr. Wir steigen so schnell es geht über den Nordwestgrat ab, um dem heftigen Wind zu entkommen. Beim Abstieg überholen wir die zwei Gruppen, welche den Gipfel über den Normalweg erreicht haben, und schummeln uns zwei mal in ein Abseilmanöver hinein. Ansonsten steigen wir ohne Seil ab und klettern die Schneehänge mit einer Neigung bis 55° simultan ab. Erst am Gletscher packen wir unser Seil wieder aus, wegen der Spalten. 8 Stunden nach unserem Aufbruch vom Hochlager kommen wir wieder dort an und legen uns erstmal eine Stunde in die Schlafsäcke. Danach geht’s runter ins Basislager auf 4.400 m. Nach zwei Stunden Pause entschliessen wir uns dazu, auch dieses noch zu verlassen. Die Aussicht auf ein Bett, ein Bier und ein richtiges Essen in Huaraz (statt gefriergetrockneter Päckchennahrung und Instantnudeln) ist einfach zu verlockend. Zugegeben, die letzte Wegstunde aus dem Ishincatal raus war echt hart, aber das war´s wert.
Donnerstag, 31. Juli 2014: Besteigung des Rasac (6.017 m)
Text von Peter Ehrengruber
Am 27. Juli war es endlich so weit, und es ging los in Richtung Cordillera Huayhuash. Zuerst in 5 Stunden mit dem Bus von Huaraz in das Dörfchen Llamac, wo wir unser Gepäck auf Esel umpackten, und von dort zu Fuß weiter. 15 km und ca. 1.200 Höhenmeter später standen wir am Ufer des ca. 4.100 m hoch gelegenen Jahuacocha-Sees, wo wir für die nächste Zeit unser Lager aufschlagen wollten. 4 Schlafzelte, ein Küchen- und ein Mannschaftszelt – das war´s, für Expeditions-Verhältnisse ein recht kleines Basislager. Mit von der Partie ist außerdem noch Abel, unser (hervorragender) Koch (und Fischer), mitsamt Frau und Kind... anscheinend wollten die Beiden ihn nicht so lange allein von zu Hause weglassen, und da unser Basecamp eines der schönsten Flecken Erde ist, die man sich vorstellen kann, ist es durchaus verständlich, dass er die zwei kurzerhand auf ein Pferd packte und mitnahm. ;-)
Der 28. Juli verging mit Auskundschaften der neuen Umgebung, erholen und packen, und am 29. machten wir uns schwer beladen auf den Weg ins Moraine Camp, um dort auf ca. 4.800 m eine Art vorgeschobenes Lager zu errichten. In weiterer Folge wollten wir am nächsten Tag den Rasac, einen schönen 6.000er, über seinen Südostgrat besteigen. Drei Zelte, Schlaf- und Kletterausrüstung sowie Verpflegung für 2 Tage hatten wir dabei, und so kam es eher ungelegen, dass wir den (sehr versteckten und überwachsenen) „Normalweg“ ins Lager nicht fanden. Also quälten wir uns durch wegloses, wie man es bei uns so nennt „Scheißgelände“ aufwärts, was dazu führte, dass wir nach 5 Stunden, bei einbrechender Dunkelheit und immer dichter werdendem Graupel, immer noch nicht am Moraine Camp waren. Jeder stellte, reichlich erschöpft und durchnässt, sein Zelt auf wo gerade Platz war, und an einen frühen Aufbruch in Richtung Rasac war nicht mehr zu denken.
Am nächsten Morgen begrüßte uns die Sonne, und wir legten erst mal all unsere Sachen (im richtigen Moraine Camp) zum Trocknen auf und berieten über das weitere Vorgehen. Alex wollte absteigen, da er sich nicht ganz fit fühlte, der Rest jedoch beschloss, trotz zu wenig Verpflegung am nächsten Tag einen Versuch zu starten. Den Rest des Tages verbrachten wir mit (überraschend ermüdendem!) Warten und warten, und warten, ... und Rationierung der Nahrungsmittel (ca. 1.000 kcal pro Mann für 2 Tage), schließlich wollten wir am nächsten Tag noch auf den Gipfel und wieder heil runter ins Basecamp!
Am 31. Juli piepst um halb 3 Uhr morgens der Wecker. Nach einem sehr kargen Frühstück gehts los, weiter auf der Moräne bis zu einer geeigneten Stelle, um auf den Gletscher zu queren. Roli fühlt sich nach eigenen Angaben „hundselendig“, und er beschließt nach einer Stunde und knapp vorm Gletscher, umzukehren. Stefan, Berni und ich gehen weiter. Der Gletscher ist gleich zu Beginn ziemlich zerklüftet und spaltenreich, und mit der Neuschneeschicht aus der vorigen Nacht ist es im Stirnlampenschein gar nicht so einfach, einen guten Weg zu finden. Berni schafft es trotzdem, und mit Sonnenaufgang nähern wir uns der Scharte zwischen Rasac und Yerupaja, in der unser Grat beginnt.
Gleich zu Beginn müssen wir über einen Steilaufschwung, der das Programm für die nächsten Stunden vorgibt: Brüchiger, kaum abzusichernder Fels bis zum 4ten Schwierigkeitsgrat, unterbrochen von bis zu 60° steilen Schneeflanken, in denen von super Styroporschnee (ziemlich selten) über schlecht aufgebautes Eis, grundlosen Griesschnee und typisch südamerikanisches Büßereis (alles ziemlich häufig) so ziemlich jede Form von gefrorenem Wasser anzutreffen ist. Wir beschließen aus Zeit- und auch Sicherheitsgründen, nicht zu sichern (klingt im ersten Moment paradox, doch in solchem Gelände hätte ein Sturz mit hoher Wahrscheinlichkeit einen Seilschaftssturz zu Folge, da die Sicherungen nicht halten würden, deshalb ist es für die Seilschaft besser, wenn jeder für sich selbst verantwortlich ist) und ziehen langsam immer dicht am ziemlich ausgesetzten Grat nach oben. Auch die Höhe macht sich bemerkbar, und so ist jeder Schritt doppelt und dreifach anstrengend. Nach jedem Aufschwung folgt ein Nächster, und auch unsere wenigen Black-Bear-Riegel gehen langsam dem Ende zu. Und dann ist es endlich so weit. Berni steht an einer Kante und sieht den Gipfel in greifbarer Nähe. Von ihm trennt uns nur mehr eine schlecht einsehbare Querung an einer Wechte. Glücklicherweise ist genau hier der Schnee hartgepresst, und so holen wir für die letzten Meter doch noch unser Seil aus dem Rucksack. An einem guten Firnanker gesichert steige ich diese letzte Querung vor, und mache ein paar Meter unter dem Gipfel Stand. Von hier sieht man auch deutlich, dass die Querung nicht so überwechtet ist wie gedacht, und so kommen Stefan und Berni schnell und ohne Bedenken nach. Gemeinsam gehen wir die letzten Meter zum Gipfel, und um 11:10 stehen wir am höchsten Punkt des Rasac (6.017m). Scharf bricht es nach beiden Seiten mehrere hundert Meter ab, und wir haben bei bestem Wetter das ganze, eindrucksvolle Panorama der Huayhuash vor uns. Überglücklich machen wir ein paar schnelle Gipfelfotos und nehmen uns kurz Zeit uns zu freuen. Für Berni und mich ist es unser erster 6.000er, für Stefan nach dem Artesonraju der Zweite. Allerdings bläst uns der Wind ziemlich um die Ohren, wir haben noch einen langen Weg vor uns und der Abstieg verspricht nicht ganz easy zu werden, da wir wohl alles abklettern werden müssen...also wieder los!
Der Abstieg hält, was er verspricht und verlangt noch einmal ordentlich Konzentration. Um 14:00 stehen wir wieder in der Scharte am Beginn des Grates, das Gröbste dürfte geschafft sein! Der Rückweg am Gletscher wird bei mittlerweile ziemlich warmen Temperaturen und einigen doch recht dünnen Schneebrücken über beeindruckende Spalten nochmal zum Nervenkitzel, geht allerdings ohne große Zwischenfälle vorbei, und um halb vier stehen wir wieder im Moraine Camp. Noch schnell unsere Kletterausrüstung und alles, was wir sonst noch für den nächsten Versuch hier lassen, in ein Zelt gepackt und weiter geht´s Richtung Basislager, schließlich wollen wir noch vor Einbruch der Dunkelheit, spätestens aber rechtzeitig zum Abendessen wieder im Mannschaftszelt sitzen.
Und so kommts dann auch; pünktlich um 18:00, 15 Stunden nach unserem Aufbruch, sind wir wieder da. Roli und Alex kommen uns entgegen und gratulieren uns, und nach dem Abendessen fallen wir müde in unsere Schlafsäcke. Die nächsten Tage steht erstmal Erholung am Programm!
Samstag, 26. Juli 2014: La Esfinge – Die Sphinx
Bericht von Peter Ehrengruber
Nach dem durchaus erfolgreichen, aber aufgrund bereits erwähnter Umstände kürzer als geplant verlaufenen Akklimatisationstrip zum Artesonraju fanden wir uns ein bisschen früher als gedacht in Huaraz wieder. Die Abreise in die Cordillera Huayhuash war nach wie vor auf den 27. Juli angesetzt, das hieß uns blieben knappe 5 Tage, aus denen wir das Beste machen wollten. Bei der An- und der Abreise zum Artesonraju hatten Stefan und ich bereits erste Blicke auf La Esfinge – Die Sphinx werfen dürfen, ein Felsmonolith der recht versteckt in einem Seitental liegt und mit seiner Ostwand 750 Meter feinste Granitkletterei bietet. Da sich der Gipfel auf über 5300m erhebt war zudem auch der Punkt Akklimatisation gut erfüllt, und einem Ausflug in die Welt von goldroten Rissen, Kletterschuhen an den Füßen und mehr Friends als Eisschrauben am Gurt stand nichts mehr im Weg. Die anderen drei Jungs wollten sich währenddessen an einer vermeintlichen Erstbegehung am Churup, einem der „Hausberge“ Huaraz', versuchen.
Am Mittwoch dem 23. Juli stiegen wir am Vormittag in ein Collectivo (eine Art Sammeltaxi) nach Caraz, und von dort gings weiter zur Laguna Parón. Dort bahnten wir uns zuerst einen Weg durch die dichte Vegetation am Seeufer, bevor wir uns langsam aber stetig auf einer weglosen Gletschermoräne höherarbeiteten. Mit der Zeit erhärtete sich aber der Verdacht, auf der Falschen der zahlreichen Moränen aufgestiegen zu sein – und tatsächlich fanden wir uns drei Stunden später eher ungeplant auf einem 5100m hohen Pass wieder, von wo wir aber endlich einen Blick auf unsere Wand erhaschen konnten. Der kleine Umweg sollte uns jedoch nicht weiter aus der Bahn werfen, und im letzten Sonnenlicht erreichten wir unseren auf ca. 4500m gelegenen Zeltplatz.
Am nächsten Morgen warteten wir zunächst etwas ab, bis die Sonne den Fels angewärmt hatte, und standen um halb 9 am Einstieg der „1985 Route“. Felsklettern darf ja ruhig Spaß machen, und in der Daunenjacke machts das eher nicht! Die ersten Längen gingen uns recht flott von der Hand, und 1,5 Stunden später waren wir am Beginn der siebten – und zugleich schwersten – Seillänge. Die Bewertungen schwanken zwischen 6b und 6c+, seis wies sei...eine komplett geniale Länge. Zuerst eine Rissverschneidung bis in einen offenen Kamin, dann unter einem Dach an Untergriffen und glatten Reibungstritten nach rechts queren, schließlich ein Fingerriss mit Ausspreiz-Gelegenheit zum Stand, und das alles in bombenfestem, roten Granit...Klettererherz was willst du mehr!
Die zweite Hälfte der Tour wurde für uns zu einem Rennen mit der Sonne, die sich partout am frühen Nachmittag aus der Wand verabschieden und uns in die Daunenjacken zwängen wollte...wir gewannen, wenn auch denkbar knapp! Um 15 Uhr standen wir nach 18 super Seillängen und 6,5 Stunden am Gipfel der Sphinx, und durften einen atemberaubenden Rundumblick vom Artensonraju bis nach Caraz genießen. Auch Clemens war wieder mit von der Partie, sein Kopftuch ist ständiger Begleiter auf unseren peruanischen Abenteuern. Und bei makellos blauem Himmel ließ sich die Zeit am Gipfel richtig genießen.
Zwei Stunden und ein paar Abseiler später waren wir wieder am Zelt, wo wir einstimmig beschlossen, noch eine weitere sternenklare, ruhige Nacht im Zelt zu genießen und erst am nächsten Vormittag die Rückreise nach Huaraz anzutreten.
Ostgrat des Churup (5493m)
Bericht von Bernhard Bliemsrieder
Donnerstag, 24. Juli: unbarmherzig piepst der Wecker der Armbanduhr um 3 Uhr nachts. Wir schälen uns aus dem warmen Schlafsack, kochen Tee und machen uns schließlich im Licht der Stirnlampen auf den Weg. Gleich am Anfang führt uns der Weg über eine steile, blockige Moräne, weiter geht’s über glatte Gletscherschliffplatten bis wir schließlich vor der Felsrinne stehen, die uns den Zugang zum Grat gewähren soll. Zum ersten Mal heute kommt das Seil zum Einsatz, Roli steigt die Seillänge souverän vor und so befinden wir uns bei Sonnenaufgang auf der Gratschneide am Beginn der Schwierigkeiten. Der Fels wechselt sich immer ab mit Flecken von Eis und Schnee, so dass bald das Kratzen der Steigeisenzacken auf den teilweise trittarmen Platten zu hören ist. Drei schwere Längen bringen wir so hinter uns, anfangs lassen sich noch 3 rostige Haken von einem früheren Versuch blicken, dann aber finden wir erst mal keine Spuren etwaiger Vorgänger mehr.
Weiter geht es über steile Firnlängen, blockiges Gratgelände und immer wieder eingestreute steilere Felsaufschwünge. Kurz bevor wir den Punkt erreichen, an dem die „Normalroute“ durch die Südwand auf den Grat trifft, finden wir aber doch noch alte Schlingen. Alles in allem sind wir uns nun sicher, dass der Grat doch früher schon geklettert wurde. Den atemberaubenden Ausblick vom Gipfel, die Freude über unseren ersten 5000er und die fordernde, aber lohnende Tour trübt das aber keineswegs. Nach ausgiebiger Gipfelrast stehen uns noch abenteuerliche Abseiler über die Wand bevor, bevor wir wieder zu unseren Zelten gelangen und uns vollgepackt auf den Heimweg machen.
Mittwoch, 23. Juli: wir bereiten das Material vor und machen uns in einer, wie immer, abenteuerlichen Taxifahrt auf den Weg zu unserem Ziel. Nach ca. einer Stunde über üble Schotterpisten sind wir am Ausgangspunkt und machen uns auf den landschaftlich umwerfend schönen Weg zu einem kleinen Gletschersee, unserem Schlafplatz für heute. Dort angekommen schlagen wir die Zelte am fast weißen Sandstrand auf...ein Lagerplatz wie aus dem Bilderbuch.
Dienstag, 22. Juli: wir sitzen zusammen, diskutieren die Pläne für die nächsten Tage. Wir alle sind uns einig, dass eine Aktion rund um Huaraz noch gerade richtig wäre, bevor es in ein paar Tagen in die Cordillera Huyahush geht. Stefan und Peter wollen an die beeindruckende Granitwand des Esfinge, bei Roli, Alex und mir fällt die Wahl auf den Ostgrat des Churup (5493m). Wir haben von mehreren Bergführern gehört, dass dieser Grat noch von niemand durchstiegen worden sei...nichts wie hin also!
Auf gehts!
Bericht von Roli Striemitzer
Am 17.7. war es endlich soweit, es ging in die Berge. Um 8 Uhr wurden wir in unserem Hotel in Huaraz von einem kleinen Bus abgeholt. Wir fuhren nach Caraz, und von dort noch 2 Stunden über eine Schotterstrasse zum Laguna Paron.
Von dort spazierten wir fünf, gemeinsam mit zwei Trägern den See entlang. Nach circa zwei Stunden waren wir am Ende des Sees angekommen, und richteten unser Base Camp ein. Nach einem gemütlichen Abend, und einem gewaltigen Abendessen, dass uns unsere Träger machten, verkrochen wir uns bald in unsere Zelte. Am nächsten Morgen packten wir unsere Sachen zusammen, und stiegen vom 4200 Meter hohen Base Camp weiter auf zum Moraine Camp, das auf 4800 Meter liegt.
Oben angekommen haben gerade ein Amerikaner und ein Russe ihr Zelt zusammen gepackt und stiegen wieder ab. Sie hatten auch den Artesonraju vor, drehten aber wegen der schlechten Bedingungen um. Im Base Camp hatten wir auch schon erfahren dass zur Zeit sehr schlechte Beding sind und selbst „Swiss Machine“ Ueli Steck hundert Meter vor dem Gipfel umgdreht ist. Das alles hat unsere Stimmung natürlich gedrübt und wir wussten nicht so recht was wir machen sollten. Zudem kam noch dass das Wetter unterm Tag ziemlich schlecht war, und nur ganz am Morgen und kurz vor Sonnenuntergang aufklarte.
Am nächsten Morgen stiegen unsere Träger wieder ins Tal ab, und wir waren alleine im Morain Camp. Um uns einen kleinen Überblick von der Situation zu verschaffen, und natürlich auch an die Höhe zu gewöhnen, gingen wir gemeinsam ein Stück Richtung Artesonraju.
Da ich mich ziemlich gut fühlte, und die Verhältnisse auch nicht sooo schlecht waren, wollte ich unbedingt am nächsten Tag einen Versuch Richtung Gipfel starten. Die Meinungen gingen stark auseinander. Stefan und ich wollten morgen starten, die anderen wollten lieber noch ein bisschen abwarten und sich besser an die Höhe gewöhnen.
Da es am Nachmittag immer wieder graupelte und der Wind wehte wussten wussten Stefan und ich erst recht wieder nicht was wir machen sollten. Wir beschlossen dann dass wir kurz vor Mitternacht aus dem Zelt schauen, und wenn es aufgeklart ist, starten wir. Da ich sowieso nicht richtig schlafen konnte, grabbelte ich um 23 Uhr aus dem Zelt um nach dem Wetter zu schauen. Es war sternenklar!! Ich schnappte meinen Ruksack und weckte Stefan.
Nach einem kleinen Frühstück und Teewasser kochen, marschierten wir genau um Mitternacht los. Wir starteten so früh, in der Hoffnung bei Sonnenaufgang am Gipfel zu sein und noch wolkenlosen Himmel zu haben. Da der Wind und der Graupel unsere Spuren vom Vortag leider komplett zuwehte, mussten wir wieder eine neue Spur machen, kamen aber trotzdem recht gut voran. Wir stiegen über Süd-Ost Flanke auf. Trotz der Stapferei kamen wir erstaunlich gut voran und gewannen schnell an Höhe. Bis 5400 Meter ging es echt zügig, danach wurden wir mit jedem Meter ein bisschen langsamer. Aber wir waren top motiviert und der Gipfel rückte immer näher.
Ungefähr 150 Meter vor dem Gipfel wurde der Schnee extrem schlecht und auch immer steiler. Die Eisgeräte und die Steigeisen fanden nur sehr schwer im senkrechten Griesschnee halt. Zwei Tage vor uns sind zwei Deutsche bis zum Gipfel gekommen. Sie haben im oberen Teil eine richtige Rinne frei geraben, um irgendwo halt zu finden. Und genau durch diese Rinne sind Stefan und ich zum Gipfel hinaus geklettert. Wir waren so erleichtert nach sieben Stunden endlich am Gipfel zu stehen.Das Wetter war zwar wieder schlecht, und es schneite leicht, aber das war uns zu diesem Zeitpunkt egal :-)
Nach einer kurzen Pause am Gipfel machen wir uns wieder an den Abstieg. Der obere Teil kostete uns einiges an Nerven, da wir direkt am Gipfel keine Sicherung anbringen konnten. Also sicherte ich Stefan von mir, und ich kletterte im senkrechten Griesschnee die letzte Seillänge wieder ab. Anschliessend seilten wir noch zwei mal über Eissanduhren ab, und den Rest stiegen wir rückwärts ab. Nach nicht ganz 12 Stunden waren wir wieder im Moraine Camp zurück.
Am nächsten Morgen wollten Bernie, Alex und Peter einen Versuch starten. Sie wollten ebenfalls um Mitternacht starten, um rechtzeitig am Gipfel zu sein. Leider hatten Bernie und Alex Magenprobleme und so waren sie bald wieder zurück im Lager.
Zudem haben sich die Verhältnisse durch den Schneefall wieder verschlechtert, und es schaute auch nicht nach einer baldigen Besserung aus. Da es richtig kalt, feucht und unangenehm im Lager war, und es für einen neuen Gipfelversuch eher schlecht ausschaute, beschlossen wir unser Lager abzubauen, und wieder nach Huaraz zurück zu fahren.
Als die Reise begann ...
Bericht von Alex Lechner:
Am Donnerstag, dem 10.07.2014, treffen wir uns um ca. halb sieben am Münchner Flughafen.
Mit einer ordentlichen Ladung Expeditionsgepäck (jeder von uns hat zwei Packstücke mit mehr als 20kg und Handgepäck) machen wir uns auf den Weg zum Check-in. Mit einer Maschine der United Airlines geht’s nach New York. Die zehn Stunden Flug wollen einfach nicht vergehen, an Schlaf ist auch nicht zu denken. Nach der Landung bleibt uns nur wenig Zeit, die eindrucksvolle New Yorker Skyline in der Ferne zu beobachten. Wir haben gerade mal zwei Stunden um unseren Anschlussflug nach Lima zu erwischen und 45 Minuten verbringen wir alleine damit, durch die Amerikanischen Sicherheitskontrollen zu kommen. Dann genehmigen wir uns noch schnell einen Snack und steigen ins nächste Flugzeug ein, nochmal 7 Flugstunden.
Als wir in Lima aussteigen, sind wir erstmal froh uns wieder bewegen zu dürfen. Eigentlich sollte uns jemand am Flughafen abholen, wir können jedoch niemanden entdecken und checken uns schließlich ein Taxi. Im Hotel angekommen, versucht Stefan die Agentur zu kontaktieren. Es stellt sich raus, dass diese unser Ankunftsdatum falsch eingetragen hat.
Nach ein paar Telefonaten und Emails ist schließlich alles geklärt und wir sind froh, uns endlich aufs Ohr hauen zu können. Am nächsten Morgen haben wir noch ein wenig Zeit um die Hauptstadt Perus anzusehen.
Am späten Vormittag werden wir schließlich abgeholt und zum Busbahnhof gebracht. Mit einem komfortablen Langstreckenreisebus fahren wir Richtung Anden.
Über der Stadt Lima und der Atacama Wüste, welche die Peruanische Hauptstadt umgibt hängt eine dicke Nebelglocke und lässt alles ziemlich trostlos wirken.
Umso grösser ist die Freude bei uns allen, als wir die Ausläufer der Berge erreichen und den Nebel hinter uns lassen. Als wir in Huaraz ankommen ist es bereits dunkel. Mit Taxis fahren wir in unsere Unterkunft, ein schmuckes kleines Hotel mit Ausblick auf das Zentrum von Huaraz und die mächtigen Eisriesen der Cordillera Blanca, die sich in der Ferne auftürmen.
Die nächsten zwei Tage erkunden wir die Stadt und akklimatisieren uns, da Huaraz bereits 3000 Meter über dem Meeresspiegel liegt.
Nachdem wir in der Stadt jede Menge neue Eindrücke eigesaugt haben, geht’s zum ersten Mal über die 4000er Marke. Wir hiken zum Lake Churup, der auf 4485m liegt. Bis auf leichtes Kopfweh gibt’s zum Glück keine Höhenbeschwerden.